Galactic Guide: Kayfa




„Je größer der Gedanke, desto größer die Handlung.“


So stellt es einer der primären Lehrsätze der Li’Tova fest, einem moralischen und spirituellen Glaubenssystem, das unter den Xi’an beliebt ist und deren Bild vom Universum prägt. An keinem anderen Ort ist dies so offenkundig wie im Kayfa-System, das sich dank der Existenz eines astronomisch besonderen Planeten ganz und gar der Li’Tova verschrieben hat: Tovaroh.

Während des Kalten Krieges war den Menschen Kayfas Rolle als Mittelpunkt der Spiritualität der Xi’An nicht bewusst. Nachdem die Menschheit im Jahr 2617 von der Existenz des Systems erfahren hatte, gingen Gerüchte um, dass sich in Kayfa die Hauptbasis für eine mögliche Invasion oder gar die Heimatwelt der Xi’an befände. Die wahre Natur des Systems wurde so streng gehütet, dass die Menschheit zweihundert Jahre lang nicht mehr über Kayfa in Erfahrung bringen konnte, als dass die Xi’an jedes Schiff der UEE, das sie in dem System antrafen, sofort angreifen würden – eine Botschaft die der UEE unmissverständlich klargemacht wurde, als zwei Marinepiloten das System entdeckten.

Im Jahr 2617 entdeckten die UEE-Leutnants Ahmad Harar und Carl Dyson eine Gravitationsanomalie, während sie das Horus-System patrouillierten. Harar und Dyson hätten ihren Kommandanten kontaktieren und die Koordinaten melden sollen, damit ein militärischer Aufklärer ausgeschickt werden konnte. Doch, wie sie später erklärten, hätte dies ihre Chance zunichtegemacht, in die Geschichtsbücher einzugehen. Ohne jemandem ein Wort zu sagen, drangen sie in den Sprungpunkt ein und wurden zu den ersten Menschen, die das Kayfa-System besuchten. Die Entscheidung, ihre Exkursion geheim zu halten, war töricht, doch zurückblickend haben sie damit vielleicht einen Krieg zwischen den beiden Spezies verhindert.

Ohne dass sie es merkten, löste ihre Ankunft in Kayfa Langstreckensensoren aus, die ein nahes Geschwader der Xi’an mobilisierten. Währenddessen verzögerte sich die Rückreise der beiden Piloten, weil Dysons Schiff während der Navigation des unerforschten Sprungpunkts Schaden nahm. Während Dyson eine Diagnostik durchlaufen ließ, um zu sehen, ob sein Schiff noch immer sprungtüchtig war, neutralisierte eine EMP-Welle beide Schiffe. Das Geschwader der Xi’an schwärmte aus und nahm Harar und Dyson gefangen. Jahrelang gaben offizielle Dokumente der UEE an, dass die beiden während dieses Zeitraumes im Krankenurlaub waren. Die Wahrheit kam jedoch nach Verabschiedung des Historical Truth Act (Gesetz für historische Wahrheit) des Jahres 2941 an Licht.

Freigegebene Dokumente des UEE-Militärs verzeichnen, dass Harar und Dyson drei Tage lang verschwunden waren. Die beiden behaupten, auf einem großen militärischen Schiff der Xi’an festgehalten worden zu sein, wo sie verhört wurden, während man ihre Schiffe inspizierte und alle Waffen demontierte. Nach drei bangen Tagen nahmen die Xi’an den Piloten ihre Geschichte ab, dass der Rest des UEE-Militärs nichts über diesen Sprung wusste. Die beiden Männer wurden zu ihren Schiffen zurückgebracht, zum Sprungpunkt eskortiert und bekamen mit auf den Weg, dass jedes weitere Schiff der UEE sofort nach Sichtkontakt angegriffen werden würde.

Erst nach dem Fall der Messers und der Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Spezies lüfteten die Xi’an Kayfas Geheimnis. Imperator Tois erster offizieller Besuch des Imperiums der Xi’an ereignete sich im Kayfa-System. Imperator Kray führte sie persönlich auf eine Tour durch Tovaroh und schnitt einen Zweig einer Centennial Bloom (Pflanze, die alle einhundert Jahre blüht) ab, den sie nach Hause nehmen durfte.

Imperator Kray erläuterte ihr ebenfalls eine der Kerndoktrinen der Li’Tova, dass eine kleine Handlung einen Einfluss auf das gesamte Universum haben kann. Bei Harar und Dyson ließen die Xi‘an Nachsichtigkeit walten, da sie wussten, dass die UEE den Sprungpunkt schließlich doch wiederfinden würde. Die Xi’an wollten eine ähnliche Situation (und eine weitere Chance auf Feinseligkeiten) vermeiden, wenn die UEE das zweite Mal durch den Sprungpunkt kommen würde. Es war also wohlüberlegt, als sich die Xi’an für die Barmherzigkeit entschieden, denn sie wies den klarsten Weg zum Frieden.

Überraschend für alle änderte Imperator Kray während des Friedensgipfels die Gesetze der Xi’an und öffnete das Kayfa-System für alle menschlichen Besucher, in der Hoffnung, das Interesse an der Kultur und den Bräuchen der Xi’an und letztendlich an einem langanhaltenden Frieden zwischen den beiden Spezies zu schüren.

Kayfa I

Kayfas innerste Welt ist ein terrestrischer Planet mit einer Atmosphäre, die sich hauptsächlich aus Kohlenstoffverbindungen zusammensetzt. Aus dem Orbit scheint sie wie ein rußiger Strudel mit schwarzen, braunen und roten Farbtönen. Einige UEE-Wissenschaftler glauben, dass die Prävalenz von Kohlenstoff, die sich auf dem gesamten Planeten zeigt, und der einhergehende atmosphärische Druck den Planeten mit einem Diamantsubstrat ausgestattet haben. Solche Theorien bleiben jedoch unbewiesen, da die Regierung der Xi’an den Rohstoffabbau in diesem System strikt untersagt.

Kayfa II (Tovaroh)

Kayfa II ist dank seiner ungewöhnlichen astronomischen Eigenschaften das religiöse Zentrum des Imperiums der Xi’an. Ein Tag auf dem Planeten dauert einhundert Xi’an-Jahre, was in etwa 128 Standard-Erdenjahren entspricht.

Im Imperium der Xi’an ist es Brauch, den Planeten spezifische Rollen zuzuweisen und sie entsprechend zu erschließen. Aufgrund von Kayfa IIs spiritueller Ausrichtung wurde der Planet terraformt, um ein Ort des Friedens, der Ruhe und Meditation zu sein. Kultivierte Gärten und Felder bedecken einen Großteil der Oberfläche, während überall heilige Tempel errichtet wurden, damit immer einer am Horizont zu sehen ist, egal wo man hinschaut. Die Tempel bieten ein Minimum an Ressourcen und Annehmlichkeiten für Xi’a-Mönche, die nach der ultimativen Erleuchtung gemäß der Li’Tova streben: dem Verbringen eines ganzen Tages auf Kayfa II in Meditation. Um die Beschaulichkeit des Planeten zu bewahren, besitzt Kayfa II nur eine Stadt: Su’Shora. Die Stadt besitzt eine kleine Anzahl an permanenten Bewohnern, hauptsächlich Amtsträger der Regierung oder des Glaubens sowie Hilfspersonal, das sich um die Xi’an-Touristen und religiösen Pilger kümmert. Menschen werden willkommen geheißen, doch wird von ihnen erwartet, dass sie die Bräuche des Planeten beachten. Ohne Sondererlaubnis müssen sie innerhalb der Stadt bleiben.

Kayfa IIs religiöser Fokus bedeutet, dass es dort weder Fertigung noch Bergbau und nur notwendige wirtschaftliche Aktivität gibt. Alle anderen benötigten Produkte werden von der Regierung der Xi’an in das System importiert. Es gibt zwar einen kleinen Schwarzmarkt, doch werden erwischte Täter hart bestraft. Der einzige legale Export des Planeten ist die Centennial Bloom-Pflanze, die dafür berühmt ist, alle einhundert Xi’an-Jahre wunderschöne Glockenblüten zu entfalten. Ursprünglich heimisch auf Koli (Eealus III) haben die Xi’an herausgefunden, dass diese sensiblen Pflanzen in den Gärten von Tovaroh gedeihen. Ein Gesetz gewährt jedem Xi’an eine kostenlose Pflanze, wenn er den Planeten das erste Mal besucht. Menschen können sie ebenso erwerben, sollten aber keinen Rabatt erwarten. Um Händler abzuschrecken, welche die Centennial Bloom als Massenware verkaufen möchten und damit den Markt mit diesen Pflanzen überschwemmen würden, knüpfen die Xi’an den Preis der Pflanze an den Verkaufspreis in der UEE. So garantiert der Kauf einer Centennial Bloom auf Tovaroh, dass die Pflanze authentisch ist und nicht eine genetisch veränderte Billigkopie, wie man sie häufig in der UEE findet.

Kayfa III

Die Xi’an haben diesen Gaszwerg einst für einen potenziellen Kandidaten für eine plattformbasierte Kolonisierung gehalten. Der Plan wurde jedoch fallengelassen, nachdem Imperator Kray seine Sorge darüber zum Ausdruck brachte, wie sich ein erhöhter Verkehr auf Kayfa II auswirken würde.

Kayfa IV

Kayfa IV ist der zweite Gaszwerg des Systems. Da sein felsiger Kern und seine diffuse Atmosphäre Kayfa III sehr ähneln, fragen sich einige menschliche Wissenschaftler, warum diese beiden Planeten so weit auseinanderliegen. Theorien gibt es im Überfluss, bleiben jedoch unbewiesen, einschließlich einer, die nahelegt, dass ein umherirrender Planet, der sich durch das System bewegte, Kayfa IV aus seinem ursprünglichen Orbit gezogen hat. Eine kürzliche Anfrage von menschlichen und Xi’an-Wissenschaftlern, den Planeten genauer studieren zu dürfen, wurde von der Regierung der Xi’an abgelehnt.

Reisewarnung

Für die Xi’an ist Tovaroh heilig – eine Bezeichnung, die auf das gesamte System zutrifft, also seien Sie respektvoll. Gewalt jedweder Art wird nicht geduldet und unverzüglich unterdrückt.

Stimmen im Wind

„Fußwege winden sich ohne augenscheinlichen Rhythmus oder Grund durch die Gärten und Felder und führen manchmal zu Tempeln, die sich weit vom Beginn des Weges befinden. Dies kann befremdlich für jene sein, die mit der präzisen und ordnungsliebenden Natur der Xi’an nicht vertraut sind. Doch dies ist der Sinn des Ganzen. In einer Kultur, die fast alles bis ins letzte Detail plant, muss das Chaos von Tovarohs Wegen für jene, die mutig genug sind, sich auf ihnen zu verlaufen, geistig befreiend sein.
– Margo Lekman, Li’Tova: A Beginner’s Path (Ein Weg für Anfänger), 2851

„Zwei Dinge sollten Sie wissen, bevor Sie Tovaroh besuchen: Erstens es gibt jede Menge Tempel, und es sind zehn Mal mehr als Sie es sich gerade vorstellen. Wenn Sie Tempel mögen, dann ist dies der richtig Ort für Sie. Zweitens tragen Sie keine Lederschuhe. Ich verstehe nicht ganz warum, aber ich musste mir im Geschenkladen in Su’Shora ein Paar teure Flip Flops kaufen, um herumlaufen zu können, ohne von den Mönchen schräg angesehen zu werden.“
– Harry Tenny, A Complainer’s Guide to the ’Verse (Ein Reiseführer durch das ’Verse für Nörgler), 2939