Galactic Guide: Cathcart



Herkunft

Astronomisch gesehen ist Carthcart praktisch leer: Das System besteht aus einer Sonne ohne echte Planeten und einem lockeren Asteroidengürtel, der sich weit entfernt von dem theoretischen Grünen Band befindet. Eigentlich gibt es für niemanden einen Grund, hier leben zu wollen. Was heute als „der Schrottplatz der Galaxis“ bekannt ist, nahm einen bescheidenen Anfang. Das System wurde vor etwa fünfhundert Jahren kartiert und dann umgehend wieder verlassen. Ursprünglich wurde es als militärisches System der Klasse C eingestuft, dessen Zugang eingeschränkt war, und es gab Pläne, dort einen Horchposten zu errichten. Doch die rasche Weiterentwicklung der Scannertechnologie machte großangelegte orbitale Horchposten so weit von den Kernwelten hinfällig. Die Navy gab daher die bereits teilweise konstruierten Habitat-Plattformen auf, ohne zu ahnen, wo dies hinführen würde.

Nachdem das System nahezu zweihundert Jahre als eine Müllhalde der Regierung zugebracht hatte, wurde es als idealer, wenn auch weit entfernter Standort identifiziert, um außer Dienst gestellte Raumschiffe zu lagern. Der Gedankengang war einfach: Ohne Planeten oder andere bedeutende Himmelskörper könnte man Schiffe problemlos in der Leere von Carthcarts Weltraum lagern, welche, fern von äußeren Einflüssen, im Krisenfall leicht wieder reaktiviert werden könnten. Ein Paar vorgefertigte Fabriken wurden in das System geschleppt und für Jahrzehnte sammelten sich hier eine Vielzahl von veralteten militärischen Raumschiffen an: Jäger, Zerstörer, Kreuzer, Fregatten und Trägerschiffe wurden hier abgestellt und erstreckten sich so weit das Auge reicht.

Doch in der Folge ließ die Kommandostruktur der UEE das Carthcart-System außer Acht. Es war zwar einfach, stillgelegte Raumschiffe aus nahegelegenen Grenzsystemen hier zu lagern, doch ohne Zugang zur Versorgungskette der Heimatwelt war es zu kostspielig, diese Schiffe zu verschrotten und zu aufwändig sie für den Krisenfall in Schuss zu halten oder eine neue Besatzung für sie zu finden. Als sich die galaktische Expansion über die Carthcart-Region hinausbewegte, verließ die UEE diesen Ort endgültig. Letztendlich wurden die Bergungsrechte an den höchsten Bieter verkauft und das gesamte System als öffentlich reklassifiziert.

Transformation

 

Das ist der Punkt, an dem die Geschichte Cathcarts etwas verschwommen wird. Das System wurde schnell zu einem ''Müllberg'' für die Privatwirtschaft, welche dort heruntergekommene Schiffsrümpfe, giftige Abfälle und eine Vielzahl anderer Dinge entsorgte. Wer der erste Pirat war, dem bewusst wurde, dass des Universums größtes menschengemachtes Durcheinander eine angemessene Heimat wäre, ist unbekannt, doch bis zum Jahr 2750 hatte sich eine beträchtliche Anzahl Piraten in Carthcart niedergelassen. Individuelle Piraten und kleinere Klans machten sich die überschüssigen militärischen und zivilen Schiffe zu ihrem Zuhause, nachdem sie diese mit behelfsmäßigen Lebenserhaltungssystemen ausgestattet hatten, um auf ihnen mehr schlecht als recht überleben zu können. Diese Piraten begannen damit, Konvois zu überfallen, welche nahegelegene Systeme durchflogen, beraubten sich aber auch gegenseitig.

 

Dies war der Anfang von Spider, einer ausgedehnten Masse von der Größe eines Planeten, die aus ausgemusterten Raumschiffen, Kolonisationsmodulen und anderen Plattformen bestand und hauptsächlich durch Pleximetal und Gebete zusammengehalten wird. Die Geschichte von Spiders Entstehung ist eher in die Welt der Mythen einzuordnen als nachgewiesene Geschichte. Legenden der Klans erzählen, dass Spiders Bau von einer vereinten Piratenallianz beaufsichtigt wurde, welche diesen Planetoiden gemeinsam erschuf. Zehntausende Piraten und Schmuggler arbeiteten zusammen, um alte Wohnmodule, Zerstörer, Träger und Kolonieschiffe zu einer lebenden Stadt zu formen. Heutige Anthropologen halten diese Geschichte allerdings für eher unwahrscheinlich und geben zu bedenken, dass Piratenorganisationen nie dazu in der Lage wären, für eine längere Zeit zusammenzuarbeiten. Es ist eher anzunehmen, dass ein Piratenklan die Leben zahlloser gefangener Sklaven opferte, um Spider zu konstruieren und später während eines inneren Konfliktes die Kontrolle über diese Einrichtung verlor. Was auch immer sein Hintergrund ist, Spider ist zu einem der faszinierendsten Orte im Weltraum geworden und bei weitem der größte, an dem Piraten offen zusammenkommen. Er hat sich genug Respekt verschafft, dass ihn auch die größeren Piratenorganisationen als freien Hafen für alle betrachten.

 

Spider ist die einzige allgemein bekannte Pirateneinrichtung. Die Regierung ist sich der Existenz dieses Ortes genauso bewusst wie jeder Bürger der UEE, doch ist sie entweder unwillig oder unfähig die Staatskasse zu belasten, um ihn zu zerstören. Viele glauben, dass Spider eine große Rolle dabei spielt, die Piraterie zu organisieren und dass es nicht im Interesse der Regierung wäre, die verschiedenen Piratenklans im Universum zu verstreuen.

Protokoll

 

Das Erste, dessen man sich bewusst sein sollte, ist, dass Spider sich immerfort verändert. Das Schlachtschiff der Indefatigable-Klasse, an dem man vor einem Monat angedockt hat, um Drogen zu kaufen, könnte heute schon ein landwirtschaftliches Habitat sein … oder es wurde von einem erbosten Käufer in den Weltraum geblasen, der mit den Preisen nicht einverstanden war. Spider wächst stetig weiter, da es täglich mit Weltraumschrott und abgehalfterten Schiffen erweitert wird. Verständlicherweise kann es der Gesundheit sehr abträglich sein, wenn man an diesem Ort eine falsche Richtung einschlägt.

 

Wenn man in das Gebiet von Spider eindringt, nimmt man sein Leben in seine eigenen Hände und es gibt kein Versicherungsunternehmen, dass ein Raumschiff versichern würde, das Carthcart besucht. Das Einzige, was für diesen Ort spricht, ist, dass Piraten sich hier nur selten gegenseitig in den Rücken fallen. Wenn man als Teil eines Rudels akzeptiert wurde, werden die Wölfe nicht zuschlagen.

 

Sich hier auszuweisen, kann jedoch schwierig sein. Ohne die richtigen Codes, die in den umliegenden Systemen zum richtigen Preis erworben werden können, wird man nicht eine Minute nach Ankunft im System überleben. Zwar gibt es keine Regierung in Cartcart, die Patrouillen im System organisieren würde, doch lungert eine Vielzahl von Piraten um die Sprungpunkte herum und wartet auf eine Gelegenheit, unbedachte Reisende zu überfallen. Man sollte stets mit dem Senden der Identifikationsnummern beginnen, noch bevor man im System eintrifft, um auf diese Weise unnötigen Risiken aus dem Weg zu gehen.

 

Man kann Spider durch seine gewaltigen Ausmaße zwar kaum verfehlen, doch wenn man den Autopiloten fliegen lassen möchte, sollte man folgende Koordinaten eingeben: 145 Mark 200 Mark 30 (Navigationspunkt 7, falls man eine Acorp-Standardeinheit benutzt). Das Docken ist auch nicht unkompliziert. Kurz gesagt, die Andockprozedur wird ständig geändert. Das jüngste Andockprotokoll (das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels schon überholt sein könnte) verlangt, dass man einem Kontrollturm vier Signale gibt, um einen Anflugvektor zu bekommen. Eine andere Anzahl von Signalen würde den Piloten umgehend als Ziel kennzeichnen.

 

Wenn man erst mal drin ist, ist man aber auch drin. Die Kultur auf Spider ist trügerisch angenehm. Jeder versteht, dass er sich in der Gesellschaft von Dieben befindet und Geschäfte, die hier getätigt werden, sind mehr oder weniger so ehrlich wie auf einem öffentlichen Platz auf Terra. Verärgern Sie nicht die Einheimischen – ein Rat, der allerdings auf jeder Welt beachtet werden sollte. Noch ein wichtiger Hinweis: Jedes Segment auf Spider hat einen anderen Dekompressionsalarm. Man sollte also stets auf blinkende Lichter, heulende Sirenen und alles andere achten, was versucht, Aufmerksamkeit zu erregen. Die Energiefelder, welche die Atmosphäre eindämmen sollen, sind in keinem besseren Zustand als all die anderen Systeme auf Spider. Man sollte sich also niemals von seinem Helm oder Druckanzug trennen.

 

Im Zentrum der sich windenden Rampen Spiders und der ungleichen Raumschiffhüllen befindet sich ein notdürftiges Piratengericht, dessen Aufgabe es ist, Streitfragen zu schlichten. Es ist Teil einer faszinierenden und bis jetzt unerforschten Subkultur der Piraten, die langsam Gestalt annimmt. Passenderweise ist dieses Gericht auf einer unfertigen Plattform gelegen, welche die Navy ursprünglich als Abhörposten errichtet hatte. Man sollte sich jedoch im Klaren sein, dass Streitigkeiten üblicherweise auf die altmodische Art geklärt werden: in einem Duell auf Leben und Tod. Besucher werden ermutigt, auf den Ausgang dieser Duelle Wetten abzuschließen.

Handel

 

Was kann man auf Spider verkaufen? Eigentlich alles, doch sind Luxusgüter besonders gefragt. Jene, die sich auf dieser künstlichen Welt ein Leben aufbauen wollen, sehnen sich nach allem von ihren Heimatwelten, wie etwa hochwertige Lebensmittel, Spiele, Bücher, Elektronik oder Ähnliches und sind stets dazu bereit, einen Preisaufschlag zu bezahlen. Illegale Ressourcen sind hier nicht gefragt, da es sie an diesem Ort im Überfluss gibt. Wer Drogen, gefälschte Produkte, Sklaven, Cybots, menschliche Organe oder gestohlene Waren jeglicher Art kaufen will, ist hier an der richtigen Stelle. Man findet hier höchstwahrscheinlich was man sucht. Wenn nicht heute, dann in einer Woche. Aufgrund seiner Vergangenheit als Schrottplatz ist Carthcart ebenso ein gutes Pflaster, um Schiffs-Upgrades zu erwerben … falls man kein Problem mit Technologien hat, die bereits ein oder zwei Jahrhunderte veraltet sein könnten.

Reisewarnung

Reisende nach Spider können auf verschiedene Andock-Ports mit unterschiedlichen Passwörtern zugreifen. Beachten Sie, dass diese schnell ablaufen und dass die Verwendung eines falschen Passworts Sie als feindlich kennzeichnen kann!

Stimmen im Wind

"Boomer lief vor mir auf dem Weg von der Landezone zur Dace-Ebene. Er redete und scherzte, und dann plötzlich, BÄM, wurde ein Teil der Wand herausgerissen und er ins All rausgeblasen. Das Traurigste, was ich je gesehen habe ... er schuldete mir achtzig Credits."

Reg Wallen, Auszug aus Void Walkers: Leben in der Unterwelt

"Als architektonische Errungenschaft gibt es für mich nichts Beeindruckenderes als die Entwicklung von Spider. Vor allem wenn man bedenkt, dass viele der 'Ingenieure' (wenn man sie überhaupt so nennen kann) keine formale Ausbildung besaßen, als sie das Labyrinth aus Gängen und Habitaten konstruierten."

Kelsey Arthur Draft, Interview von Cross & Beam