Als die Wache mich wieder einmal in den Verhörraum brachte, sackte ich auf dem Stuhl zusammen, meine Hände wie zu einem Gebet gefaltet.
Eine Weile später betrat Hauptmann Hennessy den Raum und nahm den Platz mir gegenüber ein.
„Ich dachte, ich hätte gesagt, dass ich Sie nicht wieder sehen wollte“, sagte sie, „aber nun bin ich doch wieder hier. Und nicht nur das. Die Vorkommnisse im Oya-System und um den Gurzil-Sprungpunkt herum bedeuten, dass ich in den nächsten sechs Monaten kein freies Wochenende haben werde. Von der offiziellen Verwarnung dafür, dass ich Sie durch die Oya-Station gelassen habe mal ganz abgesehen. Ich kann glücklich sein, dass ich nicht ein paar Ränge heruntergestuft wurde.“
„Es tut mir leid, Hauptmann Hennessy, das tut es wirklich. Aber ich habe bereits alles erzählt, was ich weiß. Ich bin genauso verwirrt von den ganzen Geschehnissen.“
Hauptmann Hennessy legte ihre Fingerspitzen aneinander. „Ich fürchte, das reicht nicht. Sie werden uns irgendetwas geben müssen. Das Einzige, was wir neben toten Piraten haben, ist ein kleiner Kurier, der nichts sagt. Wenn solche Dinge passieren, wird immer jemand bestraft. Wenn Sie alles sind, was wir haben, nun ja...“
Der Hauptmann ließ die Drohung wie eine Schlinge in der Luft hängen.
„Aber ich habe nichts Falsches getan“, sagte ich. „Als dieser Typ, Burnett, mein MobiGlas gestohlen hatte, dachte ich, er wäre bloß irgendein Taschendieb oder dass FTL mich eventuell testen würde. Ich dachte nicht, dass ich entführt und mitten in eine Piratenschlacht geworfen werden würde.“
Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und schniefte. Es war nicht gespielt. Die Tränen waren echt und meine Erschöpfung ebenfalls. Ich hatte die Geschichte verschiedenen Beamten mindestens zwanzigmal erzählt, vielleicht auch noch öfter. Jedes Mal hatten sie Fragen zu den Details gestellt.
Wer war der Anführer? Wo waren die Daten? Was für Waffendaten waren es? Wer hatte sie gestohlen? War es ein Insider-Job? Von welchem Unternehmen stammten die Daten?
Ich hatten ihnen alles, was mir passiert war, erzählt. Mit Ausnahme von Darios Verwicklung darin. Sie hatten immer noch nicht herausgefunden, dass er derjenige war, der die Daten auf mein MobiGlas geladen hatte. Stattdessen waren sie überzeugt, dass sie im FTL-Hauptquartier auf Castra II auf mein MobiGlas gelangt waren.
„Sie wollen einmal ein Bürgerin werden, richtig?“, fragte Hauptmann Hennessy.
Mein Magen wurde zu einem Stein. Ich nickte.
„Dann geben Sie uns etwas. Etwas, womit wir arbeiten können. Wer könnte Ihrer Meinung nach bei FTL die Daten auf Ihr System geschmuggelt haben? Ihr Vorgesetzter? Eine andere Person? Wir brauchen irgendetwas. Ansonsten werden wir Sie wegen Unterstützung eines Schmugglers anklagen müssen und das würde Ihre Chance auf eine Bürgerschaft ruinieren. Nicht zu vergessen die Zeit, die Sie im Gefängnis zubringen werden.“
Ich rieb meine Schläfen. Wenn ich ihnen Dario auslieferte, würde ich mein Wort brechen. Und wer weiß, ob er die Sorte von Kriminellem war, der solch eine Indiskretion verzeiht. Wenn ich lügen und ihnen einen Namen von FTL geben würde, könnte ich diesem und allen anderen Jobs wie diesem Lebewohl sagen. Außerdem wäre ich dann ein gewaltiger Lügner.
„Was ist mit Burnett?“, fragte ich. „Er ist derjenige, der mich entführt hat. Hilft das nicht?“
Hauptmann Hennessy blickte auf ihre verschränkten Hände und seufzte. „Wir haben keine Aufzeichnungen über diesen Burnett aus der Schlacht oder auf dem Planeten. Oder sonst irgendwo. Wir sind mittlerweile davon überzeugt, dass er von Ihnen erfunden wurde, um den wahren Täter zu verbergen, der Ihnen für Ihr Schweigen eine Bezahlung versprochen hat. Sagen Sie uns, wer Sie unter großem Risiko zum Planeten zurückgebracht hat und wir werden eventuell erwägen, etwas Nachsicht walten zu lassen. Etwas.“
Ich klatschte meine Hände auf den Tisch. „Aber ich kenne ihn nicht und er hat seinen Namen nicht verraten. Ich habe Ihnen bereits eine Beschreibung von ihm gegeben. Er könnte vielleicht einer der Piraten gewesen sein, soweit ich weiß. Er war halt einfach derjenige, der mich von der Night Stalker aufsammelte, nachdem ich durch den Sprungpunkt kam.“
Hauptmann Hennessy spannte ihren Kiefer an und umklammerte ihre Hände fest. „Keine Erklärung oder Ausrede der Welt wird hier helfen. Ich brauche Informationen. Verlässliche Informationen, ansonsten werden Sie dafür Ihren Kopf hinhalten müssen. Es tut mir leid, aber so ist es nun mal.“
Sie verschwand und die Wachen brachten mich zurück in meine Zelle. Ich sackte an der Wand zusammen, bis ich auf meinem Hinterteil saß. Eine Taubheit breitete sich von meinem Gesicht über meine Brust aus und fiel wie eine Seuche in meinen Körper ein. Man hätte mich Ohrfeigen können und ich hätte nicht reagiert.