Musik flutete die Night Stalker, zumindest wenn man mit der Definition von Musik großzügig war. Der Bass hörte sich an, als würde sich eine einzelne Note in hirnschmelzender Lautstärke fortwährend wiederholen. Es gab noch andere kreischende Instrumente, aber sie waren schwierig voneinander zu unterscheiden. Die Instrumente hörten sich an, als ob sie auseinander fallen würden, während sie gespielt wurden. Das ganze Durcheinander hätte Stimmungsmusik für eine roboterhafte Unterwelt sein können.
Burnett schob mich durch die Schleuse, während ich mir die Ohren mit meinen Fingerspitzen zuhielt. Die künstliche Gravitation war sehr hoch eingestellt und meine Beine sackten mit jedem Schritt ab. Burnett schien sich daran zu erfreuen.
Das Innere der Basis ließ das willkürliche Äußere noch geplant aussehen. Rohre und andere beliebige Formen aus Metall waren an die Wände geschweißt worden. In der Mitte der Etage ragte ein riesiges phallisches Objekt empor, als wäre es für einen Riesen gemacht worden.
Ich sah das Stardevil-Begrüßungskomitee erst, als ein Mann aus den Schatten hervortrat. Er hatte Haare wie Gummiröhren, ein abnormal langes Gesicht und tintenartige schwarze Strähnen an seinen Armen und am Hals – Zeichen eines stark WIDoW-Süchtigen.
„Du kommst mit mir Schwester“, sagte der zugedröhnte Stardevil mit den Gummiröhrenhaaren, bevor er meinen Arm packte und mich die Halle entlang zerrte. Ich kämpfte gegen ihn an, aber er war im Gegensatz zu mir die hohe Gravitation gewohnt und meine Stiefel glitten mit einem verkümmerten Rasseln über das Metallgitter.
Burnett trat vor und stieß den Stardevil weg, sodass er meinen Arm losließ.
„Lass deine verdammten Finger von ihr“, sagte Burnett.
Ich rieb meinen Arm. „Danke.“
„Sie haben noch nicht für dich bezahlt“, sagte er und blickte weg.
Eine Frauenstimme rief über die Musik hinweg. „Nun, Burnett, hast du uns mehr als ein kleines Entschlüsselungsgeschäft gebracht?“
Die Frau war groß und schlank wie eine Tänzerin, mit schwarzen und weißen Dreads und hatte einen schwarzen Lederoverall an. Sie war nicht schön, aber hatte das Selbstvertrauen eines Models.
„Frischfleisch, Synthia, wenn du magst“, sagte er achselzuckend. „Aber wenn nicht, kann ich sie auch woanders verkaufen. Ich brauche nur diese Datei geöffnet. Das Mädchen ist ein Bonus.“
Synthia warf mir einen abwägenden Blick zu. „Folgt mir.“
Die Passage sah aus wie der Rest, wie der verdrehte Traum eines verrückten Künstlers. Wenigstens war die Musik im nächsten Teil des Schiffs nicht so ohrenbetäubend.
Synthia brachte uns an einen Ort, der eine Bar zu seien schien, wenn man gerne auf scharfen Objekten saß. Ich sah den Stuhl aus gebogenen Gewehren und blieb lieber stehen. Burnett lehnte sich klugerweise an die Bar, während Synthia auf einem uneben geformten Stuhl, dessen Rückenlehne aus scharfen Nägeln zusammengesetzt war, Platz nahm.
„Lass es mich sehen“, sagte Synthia, an ihrem schwarzen Fingernagel pulend.
Burnett holte mit zwei Fingern das MobiGlas aus seiner Brusttasche und warf es lässig zu Synthia. Meine Kehle musste ein Geräusch gemacht haben, da Burnett in meine Richtung blickte, um mich daran zu erinnern, meine Klappe zu halten.
Über ihre Lippen leckend tippte Synthia eine Minute virtuos auf dem Gerät herum, bevor sie aufsah.
„Und?“, fragte er.
„Das lässt sich machen“, sagte sie und verzog ihren Mund zu einem höhnischen Lächeln, „für das doppelte des normalen Preises.“
Die Ader an Burnetts Hals pulsierte und trat hervor. Ich rechne ihm aber hoch an, dass er seinen Ärger herunterschluckte und seine Antwort gab, nachdem er seinen Nacken gestreckt hatte.
„Anderthalb und du bekommst sie obendrauf.“ Er nickte in meine Richtung.
Synthias zusammengekniffene Lippen lockerte sich etwas. „Sie? Das soll doch wohl ein Witz sein, richtig? Sie ist besser in der Lage, einen Avenger mit verbundenen Augen kurzzuschließen, um so viel Wert zu sein.“
Ein Grummeln kam aus Burnetts Brust. Als seine Stirn zusammensackte, wusste ich, dass er nachgeben würde.
wWenn man mich später fragen würde, warum ich gesprochen hatte, würde ich sagen, dass es schnelles Denken war, aber das wäre gelogen. In Wahrheit war es mein Stolz, ich wusste nicht einmal, über wie viele Credits sie überhaupt sprachen.
„Ich bin das Doppelte wert“, sagte ich, gerade als Burnett sprechen wollte.
Synthia machte große Augen und ein Schock breitete sich auf ihrem Gesicht wie ein Erdbeben aus, was vermutlich das Einzige war, was sie davon abhielt, mitzubekommen, das Burnett mich greifen und erwürgen wollte.
„Ich bin eine ausgebildete Chemikerin“, platzte es aus mir heraus. „Ich kann die Effizienz deiner WIDoW-Herstellung verdoppeln. Keine minderwertigen Produkte, nur hohe Qualität. Weniger Nebeneffekte und bessere Verkaufsrate.“
„Burnett?“, fragte Synthia. „Warum so verschlossen? Ich bin sehr interessiert, aber versuch nicht mich reinzulegen. Wenn sie lügt und meine Zeit verschwendet, werden es zweieinhalb.“
Wenn die Ader an Burnetts Hals in diesem Moment geplatzt wäre, hätte mich das nicht gewundert.
Ich spuckte die Worte aus, bevor er es ruinieren konnte: „Meinem Vater gehörte eine Bar. Wir haben unser eigenes Bier gebraut und wenn die Zeiten härter wurden, braute er anderes Zeug.“
„Du könntest lügen, Mädchen“, sagte Synthia und tippte sich mit einem schwarzen Fingernagel auf ihre Unterlippe.
„Es ist auf meinem MobiGlas in dem Schiff. Brauer-Zertifikate, Chemie-Texte, es ist alles da. Du wirst es sehen. Lass mich es holen und ich zeige es dir.“
Als ich mich auf die Tür zubewegte, griff Burnett meinen Arm. Seine Finger gruben sich in meine Muskeln und ich musste einen Schmerzensschrei zurückhalten.
„Ich. Hole. Es.“ Jedes Wort so drohend betont, dass ich meine Knochen schon brechen hören konnte. Er würde mich jetzt nicht mehr einfach aus der Luftschleuse werfen, er würde mich Stück für Stück zerbrechen.
„Du bleibst hier“, sagte er und zeigte mit einem fleischigen Finger auf den Stuhl gegenüber von Synthia.