Als ich mein Firmen-MobiGlas auf Nachrichten überprüfte, kam der letzte Passagier an.
Sich unter dem Gepäckfach hindurchduckend schenkte er mir ein Lächeln, das den Teufel stolz gemacht hätte.
Er war attraktiv, aber nicht die Art attraktiv, die man in den Holovids sehen würde. Eine Narbe an seiner Lippe verwandelte sein Lächeln in eine Mischung aus Grinsen und Verspottung.
Aufgrund seines Aussehens und seiner professionellen Kleidung vermutete ich, dass er ein Handelsvertreter sei. Die kamen immer in unsere Bar, als gehöre sie ihnen, als wären sie besser als wir.
Besser so, dachte ich mir. Der Kurierservice sah es nicht gerne, wenn Gespräche geführt wurden, während wir geschäftlich unterwegs waren. Das machte auf potentielle Kunden keinen guten Eindruck und barg Sicherheitsrisiken.
Über mein MobiGlas prüfte ich Transportdaten und Geschäftskontakte für meine Ankunft auf Oya. Ich hatte sieben Tage, um die Daten von meinem MobiGlas dem Unternehmen WillsOp Systems zu überbringen. Mehr als genug, aber es in einem Drittel der Zeit zu schaffen, würde bestimmt einen guten Eindruck bei meinem Arbeitgeber hinterlassen.
Der Copilot brachte eine Box für den Tiertransport zu dem Mann mir gegenüber und sicherte diese in dem Sitz.
Große braune, goldumringte Augen starrten aus dem Käfig.
Die Worte kamen aus meinem Mund, bevor ich es merkte: „Ist das ein rotschwänziger Lux?“
Mein attraktiver Begleiter war gerade dabei, den Gurt für seinen größeren Körper anzupassen, als ich die Frage stellte. Er blickte kurz auf, eine Augenbraue gekrümmt.
Na ja, dachte ich mir, mein Vater meinte schon immer, ich könne einfach meinen Mund nicht halten.
„Ich hatte einen, als ich ein Kind war. Es gab kein Foto von mir ohne Sasha darin“, erklärte ich ihm.
„Sasha?“, fragte er in einem melodischen Ton, „ich vermute das war der Name des Luxes?“
Ich bejahte seine Frage mit einem Achselzucken.
„Tierzüchter?“, fragte ich.
Er sah mir direkt in die Augen. Grau mit grünen Flecken, diese Augen hatten schon so einiges gesehen. „Warum nehmen Sie nicht an, es wäre mein Haustier?“, fragte er, wobei sich kleine Falten um seine Mundwinkel bildeten.
„Meine Eltern besitzen eine Bar im Norden von Castra II. Ich habe dort alle möglichen Personen getroffen und Sie sehen mir nicht nach einem Lux-Typ aus. Die sind zu aktiv und brauchen viel Platz.“
Als ob er wüsste, dass über ihn gesprochen wurde, drückte der Lux sein pelziges Gesicht gegen die Stangen.
Ich wollte die kleinen gräulichen Haarbüschel streicheln, die aus seinen Ohren kamen, als der Kapitän bekanntgab, dass wir die Station für den Sprungpunkt verlassen würden.
„Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet“, sagte ich.
Der Mann ließ ein kurzes, ungläubiges Lachen verlauten. „Sie sind ja forsch. Wissen Sie, normalerweise stellen sich die Leute vor, bevor sie einen verhören. Ich heiße Dario Oberon.“
Die Solar Jammer taumelte, als sie die Station verließ und ich fühlte, wie die Gravitation vom Schiffssystem übernommen wurde.
„Ich war nie ein großer Freund von Namen. Vielleicht habe ich zu viel Zeit in der Bar verbracht. Die Hälfte der Kunden haben ihren echten Namen nicht verraten und die anderen haben ihren nicht verdient. Ich bin Sorri Lyrax, falls das eine Rolle spielt.“
Er hatte ein Lächeln, bei dem einem das Herz aufging.
„Sorri? Gegebener oder selbstverdienter Name?“, fragte er.
„Beides,“ sagte ich mit einer Schulter zu einem halben Achselzucken angehoben. „Und die Antwort?“
Mich in meinen Sitz und Dario gegen seinen Gurt pressend lenkte die Solar Jammer ein und steuerte in Richtung des Sprungpunkts.
„Ein Geschenk“, zwinkerte er.
„Nicht für eine Freundin“, überlegte ich, „ein geschäftliches Projekt? Etwas, um es anzuschieben, würde ich sagen.“
Dario lehnte sich vor, zerfurchte seine Augenbrauen und spitzte seine Lippen gespielt nachdenklich. „Und wie kommen Sie darauf, Sorri Lyrax?“
„Tiere sind schreckliche Geschenke für eine Freundin und Sie scheinen mir zu smart für so einen Anfängerfehler. Zu dem Geschäftsprojekt, ich habe gesehen, wie Sie dem Copiloten die Hand geschüttelt haben, als er Ihnen den Lux gebracht hat. Dieses Lächeln und den festen Handschlag habe ich schon millionenfach gesehen. Meine erste Vermutung war, dass Sie ein Vertriebler sind, aber Ihr Selbstvertrauen ist echt, nicht aufgetragen wie eine labbrige zweite Haut.“
Er gab mir ein schräges Lächeln. „All das in diesen paar Minuten?“
„Meine Kindheit war wie ein erweiterter Abschluss in menschlichem Verhalten, wenn man etwas aufgepasst hat.“, antwortete ich.
Ein Teil von mir drängte mich, meinen Mund zu halten, aber dem anderen Teil gefiel es, Dario zu beeindrucken. Bei meinem Vater musste ich immer im Hintergrund bleiben und die Kunden erzählen lassen. Es war nett, auch mal im Vordergrund zu stehen.
„Und da Sie ohne Gepäck reisen, vermute ich, dass Sie mit intellektuellem Eigentum handeln“, sagte ich. „Wahrscheinlich irgendetwas lukratives wie Schiffsdesign oder etwas Derartiges.“
Ich wusste, ich hatte zu viel gesagt, als seine grau-grünen Augen so kalt und hart wie die Tiefen des Weltalls wurden. Aber dieser Ausdruck verschwand so schnell, wie er erschienen war. Das verschmitzte Lächeln nahm wieder den gewohnten Platz ein.
„Jetzt wo wir auf Reisegeschwindigkeit sind, möchten Sie den Lux streicheln? Sie ist sehr gutmütig.“
„Sehr gerne“, antwortete ich. Sagte jedoch nichts dazu, dass er das Thema gewechselt hatte. Ich erinnerte mich schnell, dass ich geschäftlich unterwegs war und Intrigen das Letzte waren, worin ich mich verwickeln lassen sollte.
Dario reichte mir die Box mit dem Lux, darauf bedacht, ihn nicht rauszulassen. Der Lux umwickelte meinen Arm mit seinem roten Schwanz und kuschelte sich mit seinem Kopf unter meine Achsel. Ich würde Luxfell auf meinem ganzen Pullover verteilt haben, noch bevor wir ankamen, aber es kümmerte mich nicht.
Mit dem warmen Körper des Luxes auf meinem Schoß und dem wohltuenden, weichen Fell an meinen Fingerspitzen, während ich ihm über den Rücken streichelte, schlief ich nach kurzer Zeit ein. Die Aufregung über den Start meiner Reise verblasste.