One Last Job Episode 4



Ardoss‘ Finger ruhte auf dem Abzug seiner Pistole. Ihm war immer klar, dass es so ablaufen würde. Nun, vielleicht nicht genauso.

Mithilfe des Schiffspiloten Jonah Ruskella hatte er endlich seinen Partner Pietro Marquez ausfindig machen können. Jonah war ein Kurier für den Piraten Mickey Black, der sich gegen seinen Arbeitgeber gestellt hatte.

Doch alles war schiefgegangen. Ardoss‘ Tarnung war aufgeflogen, das Schiff war vorübergehend entführt worden und nun, wo sie endlich alle hier waren, stellte sich heraus, dass Mickey Pietro hintergangen hatte und die versprochene Fracht fehlte.

Nun standen sie in einer alten, verlassenen Tankstation, Pistolen aufeinander gerichtet, und Jonah war dazwischen gefangen. Nach allem, was Ruskella für Ardoss riskiert hatte, konnte er nicht zulassen, dass Pietro ihn erschießt.

Als Ardoss sah, wie eine Schweißperle über das Gesicht seines Ex-Partners lief, kam er nicht umhin, daran zu denken, wie die Advocacy ihm Pietro als Partner zugewiesen hatte. Pietro war damals ein blutiger Anfänger gewesen.

Doch dieser junge Mann war verschwunden. Ardoss war sich dessen bis zu diesem Moment nicht bewusst geworden. Pietros schwarzes Haar war dünn und ergraute. Sein Mund und seine Augen lagen in Falten und sein jugendlicher Überschwang war verschwunden. Übrig blieb ein alter Mann, müde und gezeichnet.

„Ich erinnere mich an diesen Ort“, bemerkte Ardoss. „Er wurde von einer Bande Schmuggler genutzt.“

„Sklavenhändler“, berichtigte ihn Pietro.

„Auch eine Art von Schmuggelware“, entgegnete Ardoss.

„Du hast immer alles vereinfacht, Ardoss“, sagte Pietro. „Doch die Welt lässt sich nicht so einfach in Gut und Böse aufteilen, Schmuggelware und nicht Schmuggelware. Sie ist so viel komplizierter als das.“

„Ich beginne das zu erkennen“, antwortete Ardoss. Seine Hand begann sich zu verkrampfen. Sie konnten nicht ewig so weitermachen. Irgendwann würde jemand abdrücken.

„Das glaube ich nicht“, entgegnete Pietro. „Wenn du nicht sehen kannst, was Mickey Black macht, bist du blind.“

Ardoss wurde bewusst, wie müde der Mann war. Er war kein Meisterspion, der seine Prinzipien verraten hatte. Er steckte in der Falle. Ardoss wollte ihn ebenso wenig töten, wie er Jonah töten wollte. Es war nicht ihre Schuld.

„Mir wurden die Augen geöffnet“, sagte Ardoss. „Mickey Black ist ein Monster. Ich möchte dir helfen. Du musst nicht weglaufen. Wir können ihn zusammen zur Strecke bringen.“

Pietro lachte. „Einen Mann wie Mickey Black bringt man nicht zur Strecke. Ist dir bewusst, wie groß seine Organisation ist? Tausende von Menschen, von Kurieren wie Jonah über Spione wie mich bis hin zu Auftragskillern, über die du nicht mal nachdenken möchtest. Er ist ein Alptraum. Ein wandelnder, sprechender und atmender Alptraum. Es kommt etwas auf uns zu. Es ist groß. Größer als groß. Es wird alles verändern und ich bin nur ein kleiner Teil davon.“

„Du musst nicht in Angst leben“, sagte Ardoss. „Rede mit mir. Sag mir, warum?“

„Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern“, antwortete Pietro. „Es ist nicht wichtig. Mein Leben ist vorbei. Ich muss hier verschwinden.“

„Du musst gewusst haben, dass dir jemand auf die Schliche kommen würde“, sagte Ardoss. „So etwas bleibt nicht geheim. Und die Advocacy wird nicht aufhören, dich zu verfolgen. Selbst wenn du in das Gebiet der Banu flüchtest, werden sie weiter nach dir suchen.“

„Besser als tot zu sein“, entgegnete Pietro.

„Ein Leben in Angst?“, fragte Ardoss. „Schlaflose Nächte? Immer auf der Flucht? Immer mit einem Blick über die Schulter? Wir beide haben solche Typen gesehen. Am Ende nehmen sie sich das Leben oder isolieren sich so stark vom Rest des Universums, dass sie ihren Verstand verlieren – nicht mehr wissen, was Realität ist und was nicht. Das ist kein Leben, Pietro. Das ist nur eine andere Art von Gefängnis. Lass mich dich verhaften. Gib der Advocacy alles, was du über Mickey Black weißt, und wir können ihn schnappen.“

„Es wird immer jemanden geben, der seinen Platz einnimmt“, erwiderte Pietro.

„Sicher wird es das“, sagte Ardoss. „Aber es wird einer weniger sein. Wir können ihnen das Leben schwer machen, nach Menschen suchen, die gezwungen wurden, für ihn zu arbeiten. Wir können helfen, Pietro. Du weißt, dass wir es können.“

„In Anbetracht dessen, dass ich zwischen zwei Pistolenläufen feststecke“, sagte Jonah, „würde ich mich gerne in das Gespräch einmischen.“

Pietro warf einen Blick auf Jonah.

„Ich befinde mich in der gleichen Bredouille wie du“, sagte Jonah. „Ständig in Angst, was Mickey als Nächstes von mir verlangen könnte. In Angst, verhaftet zu werden, oder dass meine Familie verletzt werden könnte. Doch ich stelle mich dem entgegen. Ich bin es satt, in Angst zu leben. Ich weiß, du fühlst genauso. Du musst es einfach. Dies ist kein Leben, jedenfalls keines, dass sich zu leben lohnt. Wir müssen es zumindest versuchen.“

„Hör auf ihn, Pietro“, sagte Ardoss. „Er hat zu Hause eine Frau und zwei Kinder. Er macht das für sie. Und du musst an deine eigene Familie denken. Möchtest du, dass sie sich ständig um dich sorgen, sie niemals wissen, wo du bist? Oder willst du sie beschützen?“

„Ich will, dass sie in Sicherheit leben“, antwortete Pietro.

„Natürlich willst du das“, sagte Jonah. „Das ist alles, was du jemals wolltest, was wir alle wollen.“

„Du wirst sie in Schutzhaft nehmen, nicht wahr?“, fragte Pietro, während er seine Waffe senkte. Jonah nahm ihm die Waffe ab und steckte sie ein. Ardoss senkte seine Waffe ebenfalls.

„Ja“, antworte Ardoss. „Mickey wird sie nicht finden.“

„Ich werde dir alles erzählen“, sagte Pietro. „Abholungen, geheime Informationsverstecke, mit wem und wo ich mich getroffen habe. Du solltest ebenso wissen, dass er plant, –“

Doch Ardoss würde niemals von Pietro erfahren, was Mickey plante. Ein Schuss hallte durch die Landebucht und Pietro sackte zusammen wie eine Marionette, deren Fäden durchgeschnitten worden waren.

Jonah tauchte hinter einen Stapel Kisten, während sich Ardoss zu Boden warf.

Ardoss kroch in Deckung und suchte die Umgebung nach einem Schützen ab. Es gab hier zu viele mögliche Schusspositionen. Er hätte die Station zuerst überprüfen sollen, aber dafür war keine Zeit geblieben. Er entdeckte viele Versteckmöglichkeiten. Alte Rohrleitungen, zurückgelassene Kisten, erhöhte Überwege, Türen in angrenzende Räume. Und schlimmer noch, es hallte wieder, was es schwerer machte, den Schützen ausfindig zu machen.

Ein weiterer Schuss ertönte und prallte ab. Der Schütze war gut; er hatte Pietro mit nur einem Schuss erwischt. Doch wo auch immer er sich aufhielt, gab es keine Sichtlinie zu Ardoss. Er traf eine Entscheidung.

Er eilte gebückt vorwärts und kniete sich neben seinen alten Partner.

Blut tränkte Pietros Kleidung und seine Haut war blass. Sie waren hier im Freien. Er hob ihn an seinen Schultern hoch und schleifte ihn schnell in seine Deckung zurück.

Pietro brachte kaum mehr als ein Flüstern heraus und Ardoss musste sich tief herunterlehnen, um ihn zu verstehen.

„Der Senat“, sagte Pietro. „Der Senat.“

Dann verließ ihn das Leben. Ardoss starrte ihn an, unsicher, was er mit dem anfangen sollte, was ihm sein alter Partner gesagt hatte. Mickey Black plante etwas, und es hatte mit dem Senat zu tun.

Sie waren so nah dran gewesen. Pietro hatte eingewilligt, sich gegen Mickey zu stellen, in dem Wissen, dass dies letztendlich seinen Tod bedeuten würde. Sie hatten nur nicht damit gerechnet, dass dieser so schnell eintreffen würde.

Ardoss blickte auf Pietro herab. Es war eine Verschwendung. Pietro war ein guter Mensch, oder zumindest hatte er versucht, es zu sein. Wenn Ardoss nur früher gewusst hätte, was vor sich ging, vielleicht wäre sein Partner dann noch am Leben.

Er spähte aus seiner Deckung, in dem erneuten Versuch, zu sehen, wo die Schüsse hergekommen waren. Wer sonst wusste, dass sie hier waren? Niemand konnte es wissen. Pietro hatte gewartet, bis Jonah ihn kontaktierte, um ihm die endgültigen Koordinaten zu übermitteln. Nicht einmal Mickey konnte sie wissen. Das ließ nur eine Möglichkeit. Auf Jonahs Schiff befand sich ein Spion.

Sein Blickwinkel war lausig. Er konnte von seiner Position so gut wie nichts sehen. Vorsichtig verließ er mit gezogener Waffe seine Deckung und begann über den alten Laderaum zu kriechen.

Doch bevor Ardoss mehr in Erfahrung bringen konnte, ertönte ein weiterer Schuss und er taumelte rückwärts. Es fühlte sich an, als hätte ihm ein doppelt so großer Mann gerade in den Torso geschlagen. Er schaute herab, um an seiner linken Schulter Blut aus seinem Anzug rinnen zu sehen.

Ein weiterer Schuss ertönte und prallte an einem Schott ab. Ardoss schüttelte seine momentane Benommenheit ab und schaffte es, sich hinter einige alte Kisten zu ducken. Sie stanken nach verfaueltem Essen.

„Es kommt von weiter oben“, sagte Jonah, der neben ihm hockte.

Ardoss hatte ihn ganz vergessen.

„Woher wissen Sie das?“, fragte Ardoss. Jonah war ein Feigling. Ardoss konnte sich nicht vorstellen, dass er nach dem Schützen geschaut hatte.

„Da ist ein Brandfleck auf dem Boden, genau da“, sagte Jonah und zeigte darauf.

Ardoss blinzelte und folgte Jonahs Finger. Tatsächlich gab es auf dem Boden einen Brandfleck. Wäre der Schuss geradewegs herübergeflogen, wäre die Verbrennung hinter ihnen oder weiter weg auf dem Boden gewesen. Der Schütze befand sich mit Sicherheit auf einer erhöhten Position.

„Ich verstehe das nicht“, sagte Ardoss. „Der Scharfschütze hat Pietro mit einem sauberen Schuss erwischt. Dann hat er danebengeschossen? Spielt er mit uns?“

„Es ist wahrscheinlicher, dass er unter Beschuss steht“, meinte Jonah.

„Char?“, fragte Ardoss.

Jonah nickte. „Ich habe sie gebeten, Ausschau zu halten, falls Pietro gelogen hat. Sie ist eine Meisterschützin.“

„Warum schießt der Heckenschütze dann immer noch?“, fragte Ardoss, als ein weiterer Schuss fiel.

Jonah zuckte mit den Achseln: „Sie nehmen an, es ist der Heckenschütze.“

Der Beschuss hielt inne. Jonah schaute vorsichtig mit dem Kopf über die Kiste, aber Ardoss zog ihn wieder nach unten.

„Char, hast du ihn erwischt?“ fragte Ardoss. „Char?“

„Nein“, antwortete sie. Ihre Stimme klang verbittert. „Sie ist immer noch irgendwo hier. Bleibt wachsam.“

„Moment“, fragte Ardoss. "Sie?"

„Ja“, antwortete Char, „haltet die Augen offen.“

Ardoss spürte den Adrenalinschub. Pietro war tot und diese Frau jagte sie immer noch. Wie viele wollte sie töten? Nur Ardoss? Die gesamte Besatzung? Was war mit den anderen Passagieren?

In diesem Moment wurde ihm klar, dass es die Geschäftsfrau sein musste. Sie war so ruhig und unauffällig, die perfekte Tarnung für einen Attentäter. Es machte ihn krank, wenn er an die Zeit dachte, die er mit ihr auf engstem Raum verbracht hatte. Er kroch von den Kisten hervor, die Pistole noch immer gezogen; sein linker Arm war nutzlos.

Jonah griff ihn bei seiner unverletzten Schulter. „Sie wird dich erschießen.“

„Bin bereits getroffen“, erwiderte Ardoss. „Wir müssen sie finden. Sie wird uns nicht einfach in Ruhe lassen. Wir wissen zu viel.“

Jonah knirschte mit den Zähnen, aber sagte nichts weiter.

Ardoss streckte seinen Kopf heraus. Er musste wissen, wo sie war und welche Optionen sie hatte.

Dann, Bewegung.

Ardoss richtete seine Pistole aus. Sie war nicht so hoch, wie er gedacht hatte, nicht in den Schächten oder auf einem Übergang. Sie befand sich auf einigen Kisten. Vielleicht.

Er hatte nicht erwartet, dass eine ausgebildete Attentäterin so schlampig sein würde.

Chars Kopf ragte hinter den Kisten hervor. Sie zeigte auf Ardoss, dann hinter ihn. Er drehte sich um, noch immer geduckt. Seine Schulter schmerzte, aber zum Glück wurde der intensive Schmerz, der unvermeidlich kommen würde, noch immer in Schach gehalten. Zu viel Adrenalin, dachte er sich.

Er blickte zurück zu Char, aber sie war weg und schlich zwischen verlassener Fracht umher. Er bewegte sich hinter den Stapel mit schimmeligem Essen, wo sich Jonah noch immer versteckte. Als er ankam, sah ihn Jonah nur mit großen Augen an.

Etwas weiter befanden sich ein weiterer Stapel Kisten und ein paar alte Tanks – ein perfekter Ort für sie, um sich zu verstecken.

Wie viele Schüsse hatte sie abgefeuert? Wie viel Munition hatte sie zur Verfügung? Genug, um ein oder zwei Personen zu erledigen? Oder mehr?

Ardoss wusste, dass er das Hauptziel sein würde, dann Char. Jonah wäre als Letzter dran, wenn sie nicht einfach danach den Teenager und Thrumm töten würde, um alle Zeugen zu beseitigen.

Der Stapel Kisten war dunkel und stank. Es gab zu viele dunkle Ecken, in denen sich jemand verstecken könnte. Ardoss kroch am Rand einer Kiste entlang und um einen Treibstofftank herum.

Dort fand er sich Angesicht zu Angesicht mit der Mörderin seines Partners wieder.

Ihr Geschäftsanzug war zerrissen und stellenweise blutverschmiert. Schweiß verklebte ihr kurzes Haar mit ihrer Stirn. Ihre Haut war gerötet und ihr Atem schwer.

„Lassen Sie die Waffe fallen“, verlangte sie. Sie zielte mit der Pistole, mit der Jonah ihn zuvor bedroht hatte.

„Das können Sie vergessen“, antwortete Ardoss.

„Ich werde schießen“, drohte die Frau.

Ardoss lächelte. „Wenn Ihnen nicht bereits die Munition ausgegangen wäre, hätten Sie mich schon längst getötet.“

Die Frau grinste, aber das Grinsen war im Nu verschwunden, ersetzt durch ein Knurren. Sie ließ die Pistole fallen und stürzte sich auf ihn.

Bei ihrem Schlag gegen seine linke Schulter setze sie all ihre Kraft ein.

Der Schwerz ließ nicht lange auf sich warten.

Er schrie auf und fiel zu Boden. Sie krabbelte über ihn und griff nach seiner Waffe. Ardoss drehte sich um, packte ihr Bein mit seinem unverletzten Arm und zog kräftig daran.

Die Frau fluchte und trat auf ihn ein. Der erste Tritt traf seinen Unterarm, aber er ließ nicht los. Der nächste traf seinen Knöchel, was seinen Griff etwas löste. Sie kämpfte sich frei und kroch zur Waffe.

Ardoss begann auf sie zuzukriechen, aber die Waffe befand sich bereits in ihrer Hand. Sie drehte sich blitzartig auf ihren Rücken und feuerte.

Der Schuss verfehlte sein Ziel und Ardoss nutzte den Moment, um sich in Deckung zu rollen. Er blickte hinter sich.

Die Frau war auf ihren Beinen.

„Ich mache es schnell“, sagte sie, „mein Wort drauf.“

Er ging in die Hocke, um sich auf sie zu stürzen, aber diese Gelegenheit sollte er nicht bekommen.

Ein Schrei ertönte, urtümlich und angsterfüllt, als ein dunkler Fleck mit dem Attentäter zusammenstieß. Zwei Formen fielen zu Boden und die Waffe rutschte über das Deck.

Ardoss hechtete nach der Waffe, warf sich beinahe hinterher. Seine Finger schlossen sich um den Griff und er drehte sich umher.

Jonah lag auf der Frau, die Knie auf ihren Hüften gespreizt, seine Hände auf ihren Schultern.

Jonah verpasste ihr eine und griff sofort nach seiner Hand, deren Knöchel er rieb.

„Fühlen Sie sich besser?“, fragte Ardoss.

„Nein“, antwortete Jonah, „meine Hand tut weh.“

Ardoss lachte.

Jonah starrte ihn an und dann begann er ebenso zu lachen.

„Habe ich etwas Lustiges verpasst?“, fragte Char.

Ardoss sah sie an. Sie stand hinter Jonah und der Attentäterin, die Waffe locker in der Hand, die Augen weit aufgerissen.

„Pietro?“ fragte Char.

„Er hat nicht überlebt“, antwortete Ardoss. Sein Lachen verstummte. Auch Jonah hielt inne.

„Sie hat Sie erwischt“, bemerkte Char.

Ardoss blickte herab. „Zum Glück hat sie mich nicht ein paar Zentimeter weiter getroffen.“

„Ein kleiner Trost“, erwiderte sie.

„Wie konnten wir nur einen Attentäter auf dem Schiff übersehen?“, fragte Jonah. Er rollte von der Frau herunter.

Char ging auf sie zu und richtete ihr Gewehr auf den Kopf der Frau. „Fangen Sie an zu reden.“

Die Frau leckte sich die Lippen, was diese mit Blut verschmierte.

„Geht Sie nichts an“, entgegnete sie.

Char spannte die Waffe. „Das ist keine gute Antwort.“

Die Frau starrte sie an.

„Wenn Sie sie töten, werden wir keine Antworten auf unsere Fragen bekommen“, sagte Ardoss.

„Wer spricht davon, sie zu töten?“, fragte Char. Sie schwang den Kolben ihrer Waffe herum und schlug ihn gegen das Knie der Frau.

Die Attentäterin schrie und umklammerte ihr Bein.

„Pietro sollte nie lebendig hier rauskommen“, sagte sie keuchend.

„Was?“, fragte Jonah.

Char stieß der Frau mit dem Lauf ihrer Waffe nochmals gegen das Knie. „Weiter!“

Die Frau zuckte zusammen. „Die Übergabe war eine Farce“, sagte sie. „Es war eine Falle. Mickey wusste, dass Pietro nur Ihnen vertrauen würde, also hat er die ganze Sache inszeniert. Er hat die Passagiere arrangiert und dafür gesorgt, dass ich einen Platz bekomme.“

Jonah sackte in sich zusammen. „Warum?“, fragte er. „Warum all das?“

Die Frau zuckte mit den Achseln. „Ich tue das, wofür ich bezahlt werde. Mickey wird Sie umbringen, wenn er erfährt, dass Sie mit einem Agenten zusammenarbeiten.“

„Verlassen Sie sich nicht darauf“, entgegnete Char. „Was wollen Sie mit ihr machen?“

„Ich muss sie zur Advocacy bringen“, antwortete Ardoss.

„Ich will einen Deal“, sagte die Frau. „Ich habe Ihnen Informationen gegeben. Sie müssen mich beschützen.“

„Warum?“, fragte Ardoss. „Sie haben doch Ihren Job erledigt.“

„Und wenn Black herausfindet, dass Sie noch am Leben sind, bin ich erledigt“, antwortete die Frau.

„Ich werde darüber nachdenken“, sagte Ardoss.

„Wenn Sie mir nicht helfen, haben Sie meinen Tod auf dem Gewissen“, sagte sie.

„Darüber hätten Sie nachdenken sollen, bevor Sie sich Mickey Black angeschlossen haben.“

Char nickte und verpasste ihr einen Tritt.

Die örtlichen Polizeibehörden holten den Politiker Thrumm am nächsten Hafen ab und Agenten der Advocacy nahmen Ardoss‘ Aussage auf. Er teilte ihnen mit, dass die Attentäterin eine wichtige Zeugin sei und geschützt werden müsse. Die Agenten nahmen auch Pietros Leichnam in Gewahrsam. Ardoss hatte einen Antrag verfasst, nach dem seinem Partner auf dem Rückflug alle Ehre erwiesen werden sollten. Er hatte ihn gerade abgeschickt, als seine neuen Befehle von Junior Director Vami auf seinem MobiGlas eintrafen.

Rückkehr. Unverzüglich.

Das können Sie vergessen, dachte er sich.

Ardoss wollte die Advocacy warnen, dass Black etwas gegen den Senat geplant hatte, doch ihm fehlten Beweise. Er konnte Vamis Anweisungen nicht befolgen, bevor er diese gefunden hatte.

Die drei saßen im Cockpit und tranken eine Flasche Sky-Whiskey aus Croshaw.

„Was werden Sie jetzt tun?“, fragte Jonah.

„Es wird von mir erwartet, dass ich zur Advocacy zurückkehre und mich dann ohne Aufsehen zur Ruhe setze“, sagte Ardoss, „aber ich glaube nicht, dass ich das tun kann.“

„Sie wollen Mickey Black jagen“, sagte Jonah.

Ardoss nickte. Mickey hatte einen der besten Männer zerstört, die er je gekannt hatte, und er würde den Bastard nicht damit davonkommen lassen.

„Pietro sagte, er habe Pläne“, sagte Ardoss. „Etwas, das mit dem Senat zu tun hat. Aber ohne Beweise, die das untermauern...“

„Sie wollen diese Beweise finden“, sagte Char.

„Und ihn damit an die Wand nageln“, entgegnete Ardoss. „Ich will sicherstellen, dass er nie wieder einem anderen Menschen wehtuen kann.“

In diesem Moment begann die Kommunikationsanlage des Schiffes zu piepen. Jonah hob einen Finger und Ardoss trat zur Seite.

Jonah drückte einen Knopf und Mickeys zerstörtes Gesicht füllte den Bildschirm.

„Jonah, mein Junge, ich habe gehört, dass die Mission erledigt ist“, sagte Mickey.

Der Pilot biss den Kiefer zusammen. „Du hast Pietro getötet.“

„Ja, tut mir leid, das ließ sich nicht vermeiden“, sagte Mickey. „Schreckliche Sache, aber ich konnte nicht riskieren, dass er plaudert.“

„Ich mag es nicht, benutzt zu werden“, sagte Jonah.

„Ich benutze dich, wie auch immer ich es für richtig halte“, erwiderte Mickey. Seine Stimme klang bedrohlich. „Was hast du mit meinem Attentäter gemacht?“

„Ich musste sie der örtlichen Polizeibehörde übergeben“, antwortete Jonah. „Pietro ist tot und sein Partner ebenso. Die Advocacy verlangte Antworten.“

Mickeys Augen weiteten sich. „Ich hätte nicht gedacht, dass du es tatsächlich durchziehen würdest.“

„Das habe ich nicht“, sagte Jonah. „Deine Attentäterin hat es getan.“

Char warf einen Blick zu Ardoss. Er fühlte sich ziemlich gut für einen Toten, aber er blieb still. Er hoffte, dass die Agenten die Attentäterin schützen konnten.

Mickey sah beeindruckt aus. „Ich hatte gehofft, meine Auftragskillerin zurückzubekommen. Sie war ziemlich gut, aber man kann wohl nicht immer gewinnen. Ich muss mich natürlich um sie kümmern, aber das ist mein Problem, nicht deins.“

„Ich habe getan, was du verlangt hast, und wäre dabei fast draufgegangen“, sagte Jonah. „Ich will mein Geld.“

„Es kommt, mein Junge, es kommt.“, versicherte Mickey. „Auf der anderen Seite hast du nicht genau das getan, worum ich dich gebeten habe. Die Attentäterin hat den Agenten getötet, nicht du.“

Jonah starrte Mickey an, seine Augen voller Wut.

Mickey zuckte mit den Achseln. „Hey, ein Deal ist ein Deal. Ich bat dich, etwas zu tun, und du hast es nicht getan. Du schuldest mir noch immer etwas.“

„Du wusstest, dass ich das nicht tun würde“, sagte Jonah.

„Jeder Mann muss diese Entscheidung für sich treffen“, erwiderte Mickey. „Du hast deine getroffen.“

„Was willst du?“, fragte Jonah.

„Begib dich zu diesen Koordinaten und warte auf weitere Anweisungen“, sagte Mickey. „Und Jonah, ich erwarte wirklich, dass du es diesmal durchziehst. Alles. Wenn du es vermasselst, wirst du bei mir so tief in der Schuld stehen, dass deine Kinder sie noch lange nach deinem Tod abbezahlen werden.“

Der Bildschirm erlosch, bevor Jonah die Möglichkeit hatte, Einwände zu äußern. Er drehte sich um und blickte Ardoss an.

„Das ist es, was er wollte“, sagte Char. „Etwas gegen dich in der Hand zu haben.“

„Nun, Ardoss“, sagte Jonah, „es sieht so aus, als würden Sie Ihre Chance bekommen, sich zu rächen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Ihnen zu helfen, diesen Bastard zu erledigen.“

„Großartig“, sagte Ardoss und leerte den Rest Whiskey in seinem Glas. „Wir haben eine Menge Arbeit vor uns.“

Ende