Cassandra's Tears Episode 1



UEES Trägerschiff “Gemini”


Einsatzgebiet: Centauri-System

Vier Wochen… vier lange Wochen ist es her, dass Cal Mason den entführten Xi`An-Diplomaten rettete und erst jetzt konnte er die Krankenstation verlassen. Er spürte diese Unruhe, diese Nervosität, die entsteht, wenn man zu lange an den Boden gefesselt ist. Jeder Pilot bekam sie. Fast, als würden sie ihren Gliedmaßen nicht zutrauen sie zu tragen, müssen sich Piloten mit Flügeln und Antrieben durch das Universum bewegen, nicht mit Armen und Beinen. Von dem Blastertreffer hatte Cal immer noch einen stechenden Schmerz in den Rippen, aber er ignorierte ihn. Er musste hier raus. Cal hielt sich die Seite und machte sich auf den Weg in sein Quartier. Die letzte Patrouillenschicht war gerade gelandet. Sie gingen an ihm vorbei auf ihrem Weg zur Nachbesprechung.

„Hey Mason. Haben sie dich endlich rausgelassen?“ Cal drehte sich um. Penny sah müde aus, hatte aber trotzdem gute Laune. Wenn es in diesem Universum irgendetwas gab, dass ihre Stimmung verschlechtern konnte, dann hatte Cal es bisher noch nicht gesehen.

„Nicht offiziell. Wie geht‘s da draußen, Kleine?“

„Gefahr auf Schritt und Tritt. Du weißt, wie es läuft“, sagte sie mit einem Augenzwinkern. „Hast du dich schon beim Alten gemeldet?“

„Ich bin gerade auf dem Weg zu ihm.“

Penny lief einige schnelle Schritte, um zum Rest ihres Wings aufzuschließen. Sie löste das Zopfband, das ihre feuerroten Haare in Zaum hielt und drehte sich noch einmal um.

„Noch was, Cal“, sagte sie rückwärtsgehend, „hör auf, mich Kleine zu nennen.“

Admiral Showalter war in keiner guten Stimmung. Es war wie bei Penny: Sollte es etwas geben, dass ihn in gute Laune versetzte, dann hatte Cal es noch nicht gesehen. Der Admiral – Menschen mit Todeswunsch nannten ihn nur den „Alten“ – war schon sein ganzes Leben lang Soldat. Als Überlebender vieler Bodenkämpfe, hunderter Einsätze und vermutlich dutzender verdeckter Operationen, hatten sich die Erlebnisse in seine Gesichtszüge eingebrannt. Seine schmalen Augen sahen alles, verrieten aber nie etwas.

“Du solltest auf der Krankenstation sein”, grummelte er, während er den medizinischen Bericht des Arztes auf seinem Bildschirm studierte. „Außerdem wirst du bis zu deiner Anhörung nicht mal in die Nähe eines Schiffes kommen. Das Western Command hängt mir wegen deiner Aktion immer noch im Nacken.“

„Entschuldigen Sie, Sir.“ Cal konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. Scheinbar war er mit seiner Jagd auf einen Schmuggler durch die überfüllten Straßen von Titus, zur Hauptverkehrszeit und mit Nachbrenner,  einigen Leuten auf den Schlips getreten. Trotzdem war die Verfolgung der pure Nervenkitzel.

„Junge, du brauchst dich nicht entschuldigen. Du hast dich gut geschlagen. Und ich werde nicht zulassen, dass die dich zum Sündenbock machen, nur wegen ein paar politischen Gefallen.“

„Danke, aber Sie brauchen für mich kein Risiko einzugehen.“

„Halt den Mund, Mason. Glaubst du wirklich, ich wäre so weit gekommen, wenn ich nicht in der Lage wäre, die ein oder andere politische Stolperfalle zu umgehen?“ Das ist der Grund, weswegen Showalters Männer sich eine Kugel für den Mann einfangen würden. Showalter klappte seinen Monitor zu und schaute Mason direkt an. „Trotzdem wirst du noch nicht wieder in den Einsatz gehen.“

„Aber ich bitte darum.“

„Und ich würde auch einen verletzten Mann schlagen. Und jetzt sieh zu, dass du raus kommst.“

Cal entschied sich, es nicht darauf ankommen zu lassen. Trotzdem wollte er wieder fliegen. Er musste nur noch herausfinden, wie er das anstellen sollte. Es stellte sich heraus, dass er nicht allzu lange auf seine Chance warten musste.

Das Notsignal ertönte in derselben Sekunde, in der ein Überfallkommando der Vanduul in das System sprang. Füße donnerten über die Flugdecks. Antriebe wurden gezündet. Die gewaltigen Hangartore des Trägers öffneten sich. Penny legte ihre Gurte an, während der NavComputer schon startete. Sie ließ ihren Blick durch den Hangar schweifen. Und da war Cal, der gerade vor ihr vorbeizog. Er salutierte grinsend.

“Verrückter Hund!”

Admiral Showalter befand sich auf der Brücke, als Mason abhob. Er wusste sofort Bescheid, diesen kleinen Schwenker beim Start würde er jederzeit wiedererkennen. Er hämmerte auf die Comms.

„Verdammt, Mason! Du wirst den Vogel sofort wieder auf das Deck zurückbringen. Und ich sage das nur genau einmal!“

“Entschuldigen Sie, Sir, aber das Nav ist bereits eingeloggt. Ich versuche es-” Cal schaltete den Kanal stumm. Er entspannte sich in seinem Sitz. Dieser Nervenkitzel eines aufkommenden Sturms stieg in ihm auf. Hier war er zuhause. Er wusste es schon, als er das erste Mal in einem Pilotensitz Platz nahm und seitdem hatte er dieses Gefühl bei jedem Flug.

Penny schloss zu ihm auf. Einige Sekunden funkelte sie ihn zornig an. „Was zur Hölle soll das werden?“

„Ich helfe.“

„Der Admiral hat befohlen dich vom Himmel zu holen.“

„Ich werde gut sein. Versprochen.“ Penny starrte ihn einige Momente lang an. Schließlich schüttelte sie den Kopf.

“Na gut. Decke unsere sechs und versuche, nichts Dummes anzustellen.”

„Komm schon Penny, du kennst mich.“

„Eben.“

Cal nahm seinen Platz in der Formation ein. Die Gruppe umfasste 16 Schiffe – außer Cal noch zehn Cestus, drei Zippers und zwei Anvils. Das sollte reichen, um allem zu begegnen, was die Vanduul auffahren könnten.

Auf der Brücke der Gemini beobachtete Showalter die blinkenden Markierungen des Überfallkommandos auf der Holokarte auf dem Weg durch das System. Sie verschwanden in der Atmosphäre des Planeten Yar. Das machte ihn stutzig.

‚Warum dort?‘, dachte er. Es gab viele andere, dichter besiedelte Planeten im System. Die Vanduul hatten sich von der Flottenpräsenz bisher doch noch nie abschrecken lassen. Wenn sie hier sind, um zu plündern und zu morden, warum greifen sie dann einen trostlosen Randplaneten mit einer Handvoll Siedlungen und Forschungsstationen an?

„Admiral. Neuer Kontakt. Richtung Acht-Sieben-Null.“ Whitacre, der SIG-INT-Offizier, projizierte einen neuen Radarpunkt auf die Karte. Showalter brauchte nur einen kurzen Blick, um zu begreifen. Es handelte sich um ein Vanduul-Flaggschiff auf Abfangkurs.

„Nun gut, da kommt also jemand zum Spielen vorbei.“ Er gab den Befehl, die Gemini für den Kampf vorzubereiten.

Fortsetzung folgt…

Zur nächsten Episode geht es hier entlang.

Autor:  Dave Haddock   Übersetzung: alreadytaken   Korrektur: ius   Originaltext