A Separate Law: Episode 12



„Schuldig.“

Stroller stöhnte ein Dementi.

„Schuldig.“

„Schuldig“, verkündete die ranghöchste Richterin des geschlossenen Tribunalrats genüsslich ihr Urteil.

Immer schön zu sehen, dass jemand seine Arbeit genießt, dachte Gates. Er saß allein auf der verdunkelten oberen Galerie des Gerichtssaals. Offiziell war er nicht einmal hier. Als Suspendierter hatte er kein Recht, bei den hier vorgetragenen Angelegenheiten anwesend zu sein.

Was ihn jedoch nicht daran gehindert hatte, zuzuhören, wie Seabrook und ein Team von Datenforensikern zu Strollers Verbrechen aussagten. Noch bevor Seabrook ihre Aussage abgeschlossen hatte, wusste Gates, dass die Richter keine andere Wahl haben würden, als zu dem richtigen Schluss zu kommen.

Stroller begann zu keuchen, als der erste Richter das Urteil verkündete: „Gilles Conrad Stroller, in Anbetracht Ihrer Verurteilung wegen Hochverrats und Verrats an dem Vertrauen, das die Navy, die Bürger und die UEE in Sie gesetzt haben, verurteile ich Sie zum Tode durch das Aussetzen im Vakuum des Alls.“

Stroller schrie Leugnungen, als der zweite Richter die Formel wiederholte: „Gilles Conrad Stroller, in Anbetracht Ihrer Verurteilung wegen Hochverrats und Verrats an dem Vertrauen, das die Navy, die Bürger und die UEE in Sie gesetzt haben, verurteile ich Sie zum Tode durch das Aussetzen im Vakuum des Alls.“

Die oberste Richterin gab einem ihrer Gerichtsdiener ein Zeichen, der daraufhin die Übertragung aus Strollers Zelle abschaltete. Das Geschrei des Verurteilten schnitt abrupt ab. Die Richterin gab zu Protokoll: „Ich schließe mich dem Urteil meiner Richterkollegen an, es ist sofort zu vollstrecken.“

Starke Emotionen kamen in Gates hoch. Er war sich nicht ganz im Klaren darüber, was er fühlte: Genugtuung schien ein zu starkes Wort zu sein, ebenso wie Rehabilitierung. Er hatte – in Ermangelung eines besseren Ausdrucks – Frieden gefunden.

Als er aufstand, um zu gehen, sah er Seabrook, die von der unteren Galerie zu ihm hinaufschaute. Unsicher, was sie wollte, erwiderte Gates ihren Blick.

Nach einem Moment deutete Seabrook in Richtung des Ausgangs.

Er nickte und machte sich auf den Weg, um sie unten zu treffen. Seine noch immer heilenden Beine verlangsamten ihn und machten es ihm schwer, zu gehen, geschweige denn sich zu beeilen. Die Ärzte meinten, er hätte zu früh nach seinem letzten Aufenthalt in der Krankenstation zu große Nervenschäden erlitten. So große Schäden, dass sie es für unwahrscheinlich hielten, dass er sich jemals wieder die vollständig erholen würde. Die Finger, die er verloren hatte, hatten sie allerdings ersetzen können.

Das andere aber – die Angst, wenn ich einen Fluganzug sehe – ich weiß nicht, ob ich jemals wieder in der Lage sein werde, einen anziehen, dachte er und humpelte zu Seabrook.

Er klickte mit den Absätzen und nickte ihr zu. „Gut gemacht, Agent Seabrook.“

„Ohne dich wäre es nicht dazu gekommen, Gates.“ Sie betrachtete sein Gesicht und bemerkte das Netz aus frischen Narben, das ihn auf absehbare Zeit begleiten würde. „Ich hörte, dich hat es ganz schön erwischt.“

Er zuckte mit den Schultern und deutete auf die Narben. „Nur ein kleinerer Schönheitsmakel, den die Ärzte nicht beheben konnten.“ Und weil sie es verdient hatte, die ganze Wahrheit zu erfahren, tippte er sich gegen die Schläfe: „Abgesehen von den Seelenklempnern, die darin herumdoktern, wurde mir gesagt, dass es nicht besser wird, bis sich mein Körper entscheidet, auf zellulärer Ebene auf weitere regenerative Therapien zu reagieren.“

Sie schaffte es nicht ganz, ein Zusammenzucken zu verbergen. „Aber du hast getan, was du dir vorgenommen hast.“

„Ja. Mir wurde gesagt, dass, sobald sich die Nachricht vom Verlust der White Stag verbreitet hatte, die kriminellen Organisationen von nicht weniger als sieben Systemen plötzliche, gewaltsame Führungswechsel hatten oder einfach in kleinere Gruppen zerbrachen. Bei ein paar dieser Systeme wussten wir nicht einmal, dass Les Inconnus dort das Sagen hatte.“

Sie nickte: „Ich habe davon gehört. Was ist mit der Abteilung für interne Ermittlungen (Internal Investigations Division, IDD)? Ich habe gehört, dass Oda vor Freude getanzt hat, als sie mit ihren Ermittlungen an sie herantraten.“

Gates grinste. Er hatte den Ausdruck im Spiegel gesehen und wusste, dass dieser nichts für schwache Nerven war. „Hat sich erledigt.“

Ihre Augenbrauen schossen in die Höhe. „Was, wie?“

Er winkte ab: „Ich habe einflussreiche Freunde und eigene dunkle, geheimnisvolle Kräfte.“

Sie schnaubte.

„Nur weil ich gerne im Feld arbeite, heißt das nicht, dass mir die Techniken fremd sind, die man braucht, um in der Advocacy voranzukommen. Außerdem: Nur weil ich meine dunklen Mächte nicht missbrauche, um eine Position zu erlangen, heißt das nicht, dass ich sie nicht für wichtige Dinge einsetzen kann.“

„Volle Rehabilitierung?“

Er streifte sich über seine Beine. „Noch nicht, aber sobald ich in der Lage bin, zu arbeiten, werde ich wieder loslegen. Vorausgesetzt, dass Vasser mich haben will, natürlich.“

„Sie hat mir gesagt, ich soll mit dir reden.“

„Oh?“, fragte er ein wenig verblüfft.

Sie lächelte, da sie seine Reaktion gut lesen konnte. „Nicht, dass ich nicht auch von mir aus mit dir gesprochen hätte, sie wollte nur, dass ich dir genau diese Worte sage.“ Ihre Stirn runzelte sich, als sie rezitierte: „Problem gelöst, aber ist die Lösung jetzt ein Problem?“ Sie sah ihn an. „Weißt du, was das bedeutet?“

Gates nickte und kicherte.

„Darf ich mitlachen?“

„Sie möchte wissen, ob ich bereit bin, zurückzukommen. Und wenn ich zurückkomme, ob ich die Kotzbrocken von der IDD jagen werde, die uns lahmgelegt haben, oder ob ich bereit bin, mich wieder an die Regeln zu halten.“

„Und?“

„Diese einflussreichen Freunde?“

Sie nickte. „Ja?“

„Sie haben ein nettes, abgelegenes Loch gefunden, um Agent Neustedt hineinzustopfen.“

„Aber warum sollte Vasser besorgt sein, dass Sie hinter ihm her sind, wenn–“
„Oh, er ist noch nicht fertig damit, sich vor dem Senatsunterausschuss für Advocacy-Angelegenheiten zu verantworten, also ist Vasser nicht eingeweiht. Aber ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass er von den Ergebnissen der Sitzung überrascht sein wird, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihn in Handschellen legen.“

Das entlockte ihr ein Lachen: „Nein, das hast du nicht wirklich getan!“

„Oh ja, das habe ich.“

„Erinner mich daran, dich nie zu verärgern.“

„Das werde ich. Aber was ist mit dir?“

Sie ernüchterte. „Ich bin noch immer der Black Box zugeteilt, aber es gibt ein Gerücht über eine Versetzung ins Hauptquartier, Abteilung Cyberkriminalität.“

„Und was sagst du zu diesem Gerücht?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob Special Action das Richtige für mich ist.“

„Was?“

„Du hast mich schon verstanden. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich unsere Art von Arbeit weiterhin machen möchte. Verdammt, ich bin mir nicht mal sicher, ob ich sie überhaupt hätte machen sollen.“

Gates schüttelte den Kopf: „Das kann nicht dein ernst sein?“

„Ich kann nicht tun, was du tust.“

„Das verlangt auch niemand von dir. Hör zu, du bist genau die Art von Agent, die die Advocacy in der Special Action braucht.“

Sie öffnete den Mund, um ihm zu widersprechen, aber er fuhr fort: „Ich meine es ernst. Als ich anfing, davon zu reden, zu tun, was getan werden musste, hast du mein Vorhaben in Frage gestellt, mich gezwungen, es zu durchdenken. Und als ich darauf bestand, dass es das Richtige war, hast du dich nicht gegen mich gestellt, sondern mich sogar unterstützt, weil ich ein Kollege war, der sich in Gefahr begab. Meiner Meinung nach hast du alle Qualitäten gezeigt, die Vasser und Special Action brauchen. Und dabei habe ich dir noch nicht mal Anerkennung dafür gezollt, dass du deine Nerven behalten hast, als wir versuchten Morgan zu befreien und alles schieflief. Nein, ich glaube, du bist genau das, was Special Action braucht, Seabrook."

Seabrook sah fast überzeugt aus. „Aber ich könnte nicht unter diesem, wie nanntest du es, eigenen Gesetz operieren. Ich kann es einfach nicht.“

„Sag mal, was glaubst du, warum ich schon so lange dabei bin?“

Sie lachte erneut: „Weil du dich weigerst, aufzuhören?“

„Im Ernst, kannst du eine Vermutung anstellen?“

Sie zuckte mit den Schultern.

„Weil es nur sehr wenige Menschen gibt, die das tun können, was ich tue. Die sich in die tiefsten Abgründe wagen und ... die Dinge tun können, die ich tue, und dann zurückkommen. Die Meisten sind nicht in der Lage...“, er streckte die Hände aus, rang nach Worten, „...den Gestank abzuschütteln und wieder nach normalen Regeln zu spielen, wenn sie erst einmal in die Tiefe abgetaucht sind. Sie werden abtrünnig, lassen sich gehen, denken, sie könnten als Auftragskiller mehr Geld verdienen, diese Art von Verrücktheiten.“ Er sah Seabrook in die Augen: „So oft, wie ich in den Abgrund geschritten bin, bin ich immer wieder zurückgekommen.“

„Warum?“

Eine tiefe Traurigkeit ließ sich auf seinem Gesicht ablesen. „Zu dumm, um zu leben, zu alt, um mich zu ändern, schätze ich.“

Sie streckte die Hand aus, berührte seinen Arm. „Das ist keine ehrliche Antwort, nicht wirklich.“

„Nein, ist es nicht. Aber hier ist eine Wahrheit: Wenn es jemanden gibt, der mich an der Schwelle zum dunklen Abgrund fragt, ob das, was ich vorhabe, richtig ist, fällt es mir ein bisschen leichter, den Weg zurückzufinden. Jemand wie Sie, Agent Seabrook.“

Sie schniefte. Gates war sich ziemlich sicher, dass er das Glitzern einer Träne sah, bevor sie ihren Blick abwandte.

„Mein Gott, Gates, hörst du dir manchmal selbst zu?“

„Ich versuche, es nicht zu tun. Auf diesem Weg liegt der Wahnsinn.“

ENDE