„Wer zum Henker sind Sie?“
„Angela!“ Sie befand sich in einer Art Plexiglas-Habitat, umgeben von Arbeitsstationen und Überwachungsgeräten, doch die Techniker waren alle weg, wahrscheinlich um nach ihm zu suchen. Ihr Kopf war rasiert, doch konnte er ihr Gesicht und ihre Stimme nicht verwechseln.
„Was sind Sie, noch ein verdammter Roboter?“, fragte sie verächtlich und sein verwirrtes Gehirn kämpfte mit sich.
„Sie sind die echte Angela“, sagte er, nachdem er schnell eins und eins zusammengezählt hatte. Er konnte sehen, wie sie zu einer ähnlichen Schlussfolgerung kam.
„Wer auch immer Sie sind, Sie sehen zu zerlumpt aus, um ein Android zu sein! Können Sie mich befreien?“ Sie näherte sich der Plexiglaswand, die sich zwischen ihnen befand, nahe genug, dass ihr Atem das Glas beschlug. „Ich habe schon ewig keinen anderen Menschen mehr gesehen!“ Dann überkamen sie ein zweites Mal Zweifel. „Sie arbeiten doch nicht für sie, oder?“ Mit diesen Worten trat sie wieder zurück und sah ihn besorgt an.
„Nicht freiwillig“, gab er halb zu und entschied, ihr seine Geschichte später zu erzählen, in der Annahme, dass es ein Später gab. „Ist das die Tür?“, fragte er und zeigte dabei auf eine hauchdünne Fuge im Plexiglas.
„Ja.“ Die echte Angela trat heran und ertastete deren Kontur mit ihrem Finger. „Sie bedienen sie von dieser Konsole dort drüben.“ Schritte ratterten durch den Gang und Charl bereitete sich darauf vor, deren Rache zu entgegnen. „Was ist los? Die Laborratten liefen vor ein paar Minuten alle davon.“
„Sie suchen nach mir“, sagte er, während er auf der Konsole herumtippte.
„Haben sie Ihren Verstand ebenso durchleuchtet?“, fragte sie seinen kahlen Kopf anschauend.
„Ja.“
„Keine Sorge, die Verwirrung ist nur temporär.“
„Danke, das ist beruhigend“, sagte er und sie lächelten sich leicht durch die durchsichtige Barriere an, bevor weitere laufende Schritte ihre Angst von neuem schürten.
„Bitte bringen Sie mich hier raus!“, flehte sie, während sie nervös von einem Fuß auf den anderen trat und die Tür mit ihren Fingernägeln traktierte.
Die Steuerung war in der Computersprache der Banu, also würde jeder, der diese nicht lesen konnte, niemals in der Lage sein, die Tür zu öffnen. Doch er konnte sie lesen, und er tat es. Die Plexiglastür fuhr mit einem Zischen nach oben. Die echte Angela stand für einen Moment da, als könne sie es nicht glauben und trat dann aus ihrem Käfig heraus. „Sie wissen gar nicht, wie gut es ist, da raus zu sein. Was nun?“
„Wir müssen von diesem orbitalen…“
„Wir befinden uns im Orbit?“ Sie warf ihren Kopf fassungslos nach hinten.
„Das haben Sie nicht gewusst?“
„Wie sollte ich das wissen?“ Sehen Sie irgendwelche Fenster in meiner Glas-Wohnung? Und sie setzen mich die meiste Zeit unter Drogen.“
„Nun, wir befinden uns im Orbit, also brauchen wir eine Rettungskapsel oder etwas Ähnliches.“
„Versuchen Sie mal diese Arbeitsstation dort drüben“, schlug sie vor. „Vielleicht können wir dort einen Grundriss des Gebäudes einsehen. Beziehungsweise der Orbitalstation, schätze ich.“ Charl öffnete die Anzeige und klickte sich durch verschiedene Menüs.
„Was ist Ihre Geschichte?“ fragte er.
„Ich habe jemanden verärgert“, sagte sie nur.
„Willkommen im Klub“, erwiderte er und sie kicherte.
Ich war eine Journalistin, die im Auftrag von Torreele arbeitete. Sie sagten, ich hätte ihren Vertrag gebrochen oder irgend so einen Quatsch.“
„Das hört sich vertraut an. Ich hab’s … ja, na also!“ Charl hatte einige verständliche Pläne gefunden, die ihm zeigten, wo sie waren und wo sich scheinbar Rettungskapseln befanden. Er folgte der Route mit seinem Finger. „Okay, wir müssen ein paar Ebenen hinuntergehen. Lassen Sie uns abhauen!“
„Warten Sie! Kommen Sie her“, insistierte die echte Angela, griff seinen gelben Laborkittel und zog ihn für einen unerwarteten, feuchten Kuss zu sich heran. Mit offenem Mund. Er zog sie näher an sich, gerade als sie von ihm abließ.
„Okay, du bist echt.“
„Was meinst du…?“
„Androiden küssen komisch“, sagte sie einfach. „Lass uns gehen!“ Er entschied, dass er bis zu einem späteren Zeitpunkt warten könnte, um herauszufinden, woher sie das wusste. Wow!
Sie lauschten an der Tür und als sie nichts hörten, öffneten sie diese und schlichen hinaus in den Gang. Doch kaum waren sie um die erste Ecke, hörten sie eine vertraute Stimme hinter sich.
„Charl-Grissom, zweiter Vertragsbruch.“ Es war Techniker Zwei, flankiert von ein paar Banu-Sicherheitsleuten, die Lasergewehre in ihren Händen hielten. Die echte Angela schnaufte frustriert.
Fortsetzung folgt…