Portfolio: Das 6. Platoon



Wenn es um das UEE Marine Corps geht, dann mischen sich Geschichte und Mythos frei. Während über den elitärsten Zweig des UEE-Militärs viel bekannt ist, bleiben andere Aspekte fester Bestandteil der öffentlichen Spekulation und Phantasie, wie z. B. der berühmt-berüchtigte geheime Rekrutierungsprozess. Wie Oberstleutnant Marcus Estes in seiner Abhandlung mit dem Titel Immer voran (Always Forward) schrieb: „Niemand bewirbt sich darum, ein Marine zu sein“. Stattdessen werden Rekruten aus den Reihen der Army und der Navy auf der Grundlage schwer fassbarer Kriterien von Eigenschaften und Fähigkeiten ausgewählt. Bemerkenswerterweise bleibt der genaue Einsatzbereich der Marines für die meisten ein Rätsel. Während der Großteil der Öffentlichkeit weiß, dass Marines an Bord von Schiffen der Navy eingesetzt werden, um Schutz zu bieten, und andere ein umfangreiches Training für planetare Invasionen erhalten, sind die Einzelheiten allgemein nicht bekannt. Nur die Pflichten des 1. Marinebataillons, das mit dem Schutz des Imperators beauftragt ist, haben das öffentliche Bewusstsein durchdrungen. Ehrlich gesagt ziehen die Kommandeure der Marines es vermutlich so vor.

Dann kam der „Historical Truth Act“ (Gesetz für historische Wahrheit) von 2941. Ursprünglich dazu gedacht, ein Licht auf den Missbrauch der Regierungsmacht durch das Messer-Regime zu werfen, enthüllte er ebenso bislang unbekannte Informationen über die Marines und ihre Operationen. In diesem riesigen Fundus an Informationen erregte ein zuvor nicht bekanntes Platoon schnell die Aufmerksamkeit der Historiker. Als Teil der 'Special Operation Force, 2nd Battalion, Bravo Company' zeichnete sich das '6th Platoon' wiederholt aus. Ob als Teil bedeutender Operationen während des Zweiten Tevarin-Krieges oder bei der Durchführung streng geheimer Missionen – das 6. Platoon, „Phantoms“ (Phantome), erwies sich als eine Eliteeinheit, die immer dann eingesetzt wurde, wenn das Imperium sie am meisten brauchte.

Feuertaufe

Das Militär der UEE gliederte die Marines aus der Army aus und schuf für diese eine eigene Abteilung, nachdem aus einer 2558 durchgeführten Studie hervorging, dass ihre spezialisierten Fähigkeiten während des Ersten Tevarin-Krieges unzureichend genutzt wurden. Jahrzehnte später, mit dem Ausbruch des Zweiten Tevarin-Krieges, zeigte sich der Nutzen dieser Strategie. Der Kriegsherr Corath'Thal setzte asymmetrische Kriegsführung gegen das zahlenmäßig überlegene und besser ausgerüstete Militär der UEE ein, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Seine Streitkräfte blieben mobil und griffen oft arglose zivile Siedlungen und Schiffe weit abseits der Frontlinien an, verbreiteten Angst und zwangen die UEE, ihr Militär über größere Gebiete zu verteilen, um effektiv reagieren zu können. Dies war sowohl eine kluge Strategie als auch eine Notwendigkeit. Die Tevarin hatten ihre Heimatwelt Kaleeth, die heute als Elysium bekannt ist, im Ersten Tevarin-Krieg verloren, und es fehlte ihnen ein Standort auf einem Planeten, von dem aus sie ihre Operationen koordinieren konnten. Zu Beginn des Krieges hätten sie einen erobern können, wäre da nicht das 6. Platoon gewesen.

Im Jahr 2604 kämpfte das Militär der UEE darum, der Guerillataktik der Tevarin entgegenzuwirken. Inmitten des Chaos entdeckten Milizionäre eine Tevarin-Streitmacht, die sich Hyperion näherte, und schickten Aufzeichnungen an die Navy. Ohne jedwede militärische Präsenz im Fora-System befürchtete das Oberkommando zunächst das Schlimmste, wurde aber überrascht, als kein Angriff erfolgte. In der Annahme, dass dies möglicherweise eine Ablenkungstaktik war, setzte das Oberkommando das 6. Platoon ein, um verdeckt Nachforschungen anzustellen. Sie entdeckten, dass eine Tevarin-Streitmacht auf dem Planeten heimlich einen Stützpunkt eingerichtet hatte, weit entfernt von Shoel, um unentdeckt zu bleiben. Das 6. Platoon überwachte die Übertragungen und erkannte, dass diese Kommandozentrale zur Planung und Koordinierung von Operationen im ganzen Imperium genutzt wurde. Aus Furcht, dass das Senden einer Nachricht an das Oberkommando die Tevarin auf ihre Anwesenheit aufmerksam machen könnte, ordnete das 6. Funkstille an und wartete auf den nächsten großen HyperClay-Sturm, der durch das Gebiet fegen würde. Diese Stürme waren in dem Gebiet recht häufig, so dass sie nicht lange warten mussten. Das 6. nutzte den Sturm, um ihr Vorrücken zu verbergen, übernahm schnell die Kontrolle über den Stützpunkt und vernichtete alle Gegner ohne einen einzigen Verlust. Dank ihrer tödlichen Effizienz waren sie in der Lage, beträchtliche Mengen an tevarinschen Geheimdienstinformationen zu beschlagnahmen, darunter Verstecke, Waffenlager und Personalverzeichnisse. Das Oberkommando konnte diese Informationen zu nutzen, um zahlreiche bevorstehende Angriffe auf die UEE zu vereiteln.

Nach dieser Operation erhielt das Platoon den Spitznamen, der ihm bis heute geblieben ist: die Phantome. Ebenso wurden sie zur vertrauenswürdigsten Einheit des Oberkommandos für heikle Operationen. Als die Vanduul-Bedrohung zu Tage trat, erhielt das 6. erneut einen Einsatzbefehl. Die Phantome zogen durch verschiedene Systeme, die unter Überfällen zu leiden hatten, und zeichneten sich dabei wiederholt aus. Die Einnahme des Tevarin-Stützpunktes durch die 6. blieb jahrhundertelang ihr berühmtester Einsatz, auch wenn der Historical Truth Act später viele andere Operationen enthüllte, die ebenso beeindruckend, wenn nicht noch beeindruckender waren.

Verdeckte Operationen

Während die Tapferkeit der Phantome im Kampf gegen blutrünstige Feinde unbestritten ist, hat sich das Platoon auch als fähig erwiesen, die sensiblesten Geheimoperationen durchzuziehen. Das volle Ausmaß ihrer verdeckten Operationen ist bis heute geheim, aber vor kurzem wurde eine bisher unbekannte Mission aufgedeckt.

Am 3. Mai 2812 erklärte ein brillanter, aber verstörter Wissenschaftler mit Namen Dr. Fayel, dass der Planet Leir II jede Verbindung mit dem Rest des Universums abbrechen würde. Dieser wurde ursprünglich von dem Terraforming-Unternehmen Hatfield & Harding angeheuert, um den Planeten bewohnbar zu machen. Er wurde jedoch mit der Zeit von der Idee der Reinheit des Planeten besessen und überzeugte die Arbeiter, sich seiner Sache anzuschließen und alles und jeden abzulehnen, der nicht von der Welt stammt, welche sie jetzt Mya nannten.

Hatfield & Harding waren außer sich und bestanden auf ein Eingreifen der UEE-Regierung. Die UEE lehnte dies aber ab und stellte fest, dass Leir immer noch ein nicht beanspruchtes System sei und daher nicht Teil ihres Hoheitsbereichs war. Die neue Regierung war sich immer noch des Vermächtnisses des erst kürzlich abgesetzten Messer-Regimes bewusst und zögerte, ihre Agenda jenen aufzuzwingen, die nicht unter ihrer Autorität standen. Die UEE hatte jedoch ein Problem, welches sie zum Handeln zwang: Ein Gutachter-Team der Regierung war nach Leir II entsandt worden, um die Terraforming-Operation als Teil des Vorstoßes von Hatfield & Harding, das System zu einem offiziellen Teil der UEE zu machen, zu begutachten, und dieses war nun auf dem Planeten gefangen und nicht in der Lage, mit dem übrigen Universum zu kommunizieren.

Während die Regierung der UEE öffentlich darauf bestand, dass sie sich nicht einmischen würden, beauftragte sie die Phantome im Geheimen, das Gutachter-Team ausfindig zu machen und zu extrahieren. Das 6. Platoon wusste, dass eine Situation mit so vielen Variablen ein vielseitig einsetzbares Schiff erforderte, und so starteten sie mit einer Valkyrie, einem hochmodernen Anvil-Schiff, welches erst kürzlich in die UEE-Flotte eingeführt worden war. Es war eine kluge Entscheidung, die sich auszahlte, als sie feststellten, dass die Situation auf Leir II weitaus schlimmer war als erwartet.

Es war ein blutiger Konflikt zwischen den Sicherheitskräften von Hatfield & Harding und Fayels Loyalisten ausgebrochen, die sich selbst als „Outsiders“ (Außenseiter) zu bezeichnen begannen. Als sie sich der Planetenoberfläche näherten, geriet die Valkyrie des 6. Platoons von beiden Konfliktparteien unter Beschuss. Schnell wichen sie von ihrer Flugroute ab, da sie nicht mit einer der Parteien in Konflikt geraten wollten. Stattdessen setzen die Phantome unauffällig Tumbril-Fahrzeuge der C-Serie ab, um die Umgebung zu durchkämmen und dabei zu helfen, die Position des Teams zu bestimmen.

Das Gutachter-Team hatte sich, durch die Marines unbemerkt, in einer illegalen Mine versteckt, die von Dr. Fayel betrieben wurde. Nach tagelangen Bemühungen gelang es dem Gutachter-Team, das Kommunikationssystem zu hacken und eine Notfallmeldung zu senden. Das 6. Platoon empfing das Signal und eilte zu ihrer Position, aber sie waren nicht die Einzigen – die Outsiders und die Sicherheitskräfte von Hatfield & Harding hatten das Signal ebenfalls aufgefangen. Alle drei Kräfte trafen am Außenposten aufeinander, wobei es dem 6. Platoon gelang, das gesamte Team unter schwerem Beschuss beider Konfliktparteien sicher zu extrahieren.

Seit die Missionsaufzeichnungen freigegeben wurden, haben Historiker jedes kleinste Detail des Leir-II-Einsatzes untersucht. Von der beeindruckend niedrigen Opferzahl bis hin zur improvisierten taktischen Reaktion hat die unglaubliche Rettung die Phantasie tausender Menschen in ihren Bann gezogen. Viele fragen sich, wie viele waghalsige verdeckte Operationen die Phantome noch durchgeführt haben, welche aber von der Regierung weiterhin geheim gehalten werden. Es wurden bereits zahlreiche Anträge gestellt, in denen um die Herausgabe weiterer Aufzeichnungen gebeten wird, um die Geschichte der Phantome vollständig erzählen zu können.

Das 6. Platoon ist derzeit an der Vanduul-Front im Einsatz, ihren spezifischen Operationsraum will die Regierung jedoch nicht offenlegen. Angesichts der früheren Aktivitäten und der illustren Geschichte des 6. Platoons kann man annehmen, dass seine Mission wichtig ist. Die Phantome sind vielleicht nicht so berühmt wie Geschwader 42 oder sogar das 1. Marinebataillon, aber die Geschichte hat gezeigt, dass sie beim Schutz des Imperiums eine entscheidende Rolle gespielt haben. Ganz einfach, das 6. Platoon verkörpert das Ethos der Marines, dem Gemeinwohl zu dienen und Schutz zu bieten, ohne Anerkennung zu verlangen.