Der Bilderstürmer
Niemand weiß, wo Gotlieb Yorm geboren oder aufgewachsen ist. So überraschend dies in der heutigen Zeit auch sein mag, Biographen, investigative Journalisten und Fans haben allesamt vergebens versucht, seine Herkunft aufzudecken. Das Fehlen eindeutiger Hinweise führte zu der populären Theorie, dass er als verdingter Arbeiter in einem Banu-Schiffs-Souli aufgewachsen sei. Für viele würde diese Theorie seine einzigartigen Fähigkeiten, sein tiefes Verständnis für Schiffskonstruktion und seine völlige Geringschätzung von allem, was in der Vergangenheit liegt, erklären. Gotlieb weigerte sich, seine Vergangenheit zu kommentieren, und zog es vor, zu erklären: „Mein Schiff hat keinen Rückspiegel, warum sollte also ich einen haben?“
Gotlieb machte sich erstmals 2796 auf der Untergrund-Rennstrecke in Baker einen Namen. Als Pilot einer alten Aurora gewann er sein erstes Rennen in souveräner Manier und erregte mit seiner exzentrischen und aufgeschlossenen Persönlichkeit sofort die Aufmerksamkeit der Rennsportfans. Wann immer er gefragt wurde, was er zu erreichen hoffte, blieb seine Antwort stets dieselbe: „Ich will den Murray Cup gewinnen“.
Adel Fansekar brauchte Gotlieb nur ein einziges Mal bei einem Rennen zuzusehen, um zu erkennen, dass er ein Riesentalent war. Adel war bekannt für ihren Blick für Talente und ihr riesiges Vermögen. Sie hatte jahrzehntelang erfolgreiche Rennteams unterstützt, von denen jedoch keines das ultimative Ziel, den Murray Cup zu gewinnen, erreicht hatte. Gotlieb lehnte ihr erstes Angebot, ein Rennteam zu finanzieren, mit der Begründung ab, er käme ganz gut allein zurecht. Seine unverblümte Zurückweisung schockierte Adel, die davon überzeugt war, dass es sich um eine Verhandlungstaktik handelte und kam mit einem noch großzügigeren Angebot zurück. Als Gotlieb auch das zweite Angebot ablehnte, fragte ihn Adel direkt, was es denn brauche, um mit ihm zusammenarbeiten zu können. Die Antwort war einfach: Autonomie. Gotlieb soll gesagt haben: „Ich werde immer Ihr Geld annehmen, aber niemals Ihren Rat“. Und mit diesen Worten war ihre Partnerschaft besiegelt.
Mit der richtigen Finanzierung und der vollen Kontrolle über sein Team erwarb sich Gotlieb schnell den Ruf eines Rennfliegers, der alles tun würde, um seine Rundenzeit um ein paar Sekunden zu verkürzen. Rennfans erfreuten sich an seinen ungewöhnlichen Schiffsmodifikationen und seinem Gespür für dramatische Zieleinläufe. Dennoch blieb eine Murray Cup-Meisterschaft jahrelang unerreichbar.
Gotliebs Popularität jedoch wuchs weiter. Im Jahr 2814 wurde er zu einer bekannten Größe, als er begann, völlig nackt zu fliegen, mit der Begründung Kleidung sei nur unnötiges Gewicht. Es dauerte nicht lange, bis sich die Sicherheitskommission einschaltete und allen Rennfliegern das Tragen von Fluganzügen vorschrieb. Auf der Suche nach einem weiteren Vorteil konzentrierte sich Gotlieb auf das Schild seines Schiffes, denn sein stärkstes Murray Cup-Rennen war der Blitz, der Kämpfe bis zu dem Punkt erlaubt, an dem das Schiff des Gegners lahmgelegt, aber nicht zerstört ist. Nachdem er den Murray Cup Blitz von 2816 um weniger als eine Sekunde verloren hatte, riss er bekanntermaßen alles vom Schildgenerator, was er für unnötig hielt. Als sein Chefkonstrukteur feststellte, dass das Schild nun nur noch ein paar Schüsse abwehren konnte, antwortete Gotlieb, das sei alles, was dieser tun müsse. Wenn er sich nicht innerhalb weniger Schüsse aus der Zielreichweite herausbewegen könnte, würde er das Rennen sowieso verlieren.
Gotlieb ahnte nicht, dass diese Entscheidung nicht nur den Rennsport revolutionieren, sondern auch den Weg zur Verwirklichung seines Traums ebnen würde.