Portfolio: Gold Horizon



„Zusammen werden wir die Entwicklung und die Expansion der Menschheit vorantreiben, immer weiter, dem goldenen Horizont entgegen.“

- Ivar Messer, Antrittsrede als Imperator 2545

Gold Horizon, vormals bekannt als Gold Horizon Extrasolar Mineral Prospecting Corporation, ist nach wie vor ein gutes Beispiel für unkontrollierte Gier und die wachsende Expansion unserer Zivilisation im Weltall. Der Konzern, dessen Name von einem Satz aus der Antrittsrede Messers abgeleitet wurde, steht gleichsam für die guten wie die schlechten Dinge dieser Epoche. Aus der Sicht eines modernen Historikers mag es ironisch erscheinen, dass dieselbe Regierung Messer, die den Aufstieg von Golden Horizon befeuert hatte, auch für dessen Ende sorgte. Die Unternehmensführung wurde Opfer derselben Gewalt, die das gesamte Imperium heimsuchte.


Gold Horizon wurde in der Mitte des 26. Jahrhunderts als Bergbaugesellschaft gegründet. Man wollte vor allem eine Reihe von Steuererleichterungen nutzen, welche die neue Regierung für Konzerne erlassen hatte, die auf Asteroiden Bergbau betrieben. Das Unternehmen war von Beginn an erfolgreich, begünstigt durch die Entdeckung der Grakneth-Ader, einer Reihe von Asteroiden am Rande des Terra-Systems, die besonders reich an Titan waren. Die Gewinne aus der Erzförderung führten schnell zur Erweiterung von Golden Horizon zum Industriekonzern, der vorgefertigte Förderstationen zum schnellen Einsatz in neuentdeckten Sternensystemen produzierte. Zu dieser Zeit waren sogenannte „Claim Jumpers“ allgegenwärtig geworden. Diese Schiffe nutzten die lange Zeit zwischen der Erkundung eines Gebiets durch die Konzerne und dem tatsächlichen Beginn großangelegter Förderung, um selbst illegale Förderung zu betreiben. Dank der von Gold Horizon vorgefertigten Stationen konnten die Erkundungsschiffe nun einen kompletten Förderbetrieb einschließlich Bohrgeräten, Laderäumen und Selbstverteidigungsanlagen mitführen und sofort vor Ort einsetzen. Das Projekt wurde zu einem weiteren gewaltigen Erfolg für das Unternehmen.

Das zweite Jahrzehnt der Konzerngeschichte von Gold Horizon wurde von zwei Dingen geprägt: die Etablierung der UEE (United Empire of Earth) und das neue Lieblingskind der Menschheit – Terraforming. Als klar wurde, dass große Teile der imperialen Wirtschaft jetzt dazu verwendet wurden, die allgemeine Expansion und vor allem Terraforming-Projekte zu unterstützen, entschied man bei Gold Horizon, sich zukünftig weniger auf die Förderung von Rohstoffen und mehr auf die Transformation von Planeten zu konzentrieren. Das Ergebnis dieses Wechsels in der Geschäftsstrategie ist die Gold Horizon-Raumstation. Diese charakteristische, ringförmige Plattform wurde überall in der Galaxis eingesetzt und diente als Basis für die Arbeiter der Terraforming-Projekte, ihre Ausrüstung und Versorgung.         

Im Gegensatz zu ihrer Förderausrüstung waren die Gold Horizon-Raumstationen riesig und dienten Hunderten von Arbeitern als Ausgangspunkt für ihre schwierigen Projekte. Diese Weltraumbasen boten alle Annehmlichkeiten, die sie von zu Hause kannten, von halbwegs komfortablen Wohnquartieren über voll ausgestattete Krankenstationen bis hin zu Vergnügungsbereichen. Als schließlich große, standardisierte Terraforming-Ausrüstung aufkam, wurde diese von vornherein so entworfen, dass sie problemlos über die Gold Horizon-Stationen transportiert werden konnte, die bereits für die erste Welle der oft eher improvisierten Biosphärenumwandlungen als Brückenkopf gedient hatten.
    
Mit dem Finger am Puls des expandierenden Imperiums und einer zunehmenden Anzahl von Politikern in der Tasche erschien Gold Horizon als unbezwingbarer Moloch. Das Unternehmen nahm durch private und Regierungsaufträge Milliarden ein (von denen Gerüchten zufolge viele durch Bestechung zustande kamen). Der Name Gold Horizon wurde vielfach direkt mit der vorherrschenden gesellschaftlichen Entwicklung assoziiert und es schien, als könnte sich das Unternehmen alles erlauben. Im Jahre 2650 sollte sich das alles ändern, als der Vorstandsvorsitzende und Hauptaktionär Dennis Acevedo eine einzige, schicksalshafte Entscheidung traf: den Umzug des Hauptquartiers von Gold Horizon nach Terra.

Der Zusammenbruch

Historiker sind über die Hintergründe von Acevedos Entscheidung geteilter Meinung. Obwohl Terra bereits ein beliebtes Zentrum menschlicher Kultur war, fürchteten viele Berater von Corson Messer V., dass die Popularität des Planeten den kulturellen Mittelpunkt des Imperiums von der Erde weg verschieben könnte. Ob Gold Horizon durch den Umzug lediglich seine Unkosten reduzieren oder damit aktiv gegen die zunehmende Militarisierung der Expansionsbemühungen durch das Imperium protestieren wollte, wird wohl nie eindeutig geklärt werden können. Was auch immer die Gründe gewesen sein mochten, der Imperator wurde auf Gold Horizon aufmerksam und erklärte den Umzug des Unternehmens zum persönlichen Affront.

Regierungsaufträge wurden sofort gekündigt und private Erschließungsunternehmen dringend aufgefordert, keine Ausrüstung von Gold Horizon mehr zu kaufen. Über die nächsten fünf Jahre würde Gold Horizon so aus dem Markt gedrängt werden.

 
Im Jahre 2654 ließ der Imperator schließlich den Todesstoß ausführen, indem er alle Firmen, die Terraforming unterstützten – und damit vor allem Gold Horizons Raumstationen – verstaatlichen ließ, angeblich um die Rechte der Bürger zu schützen, die auf die Stationen angewiesen waren, während sie darauf warteten, die neuen Welten zu besiedeln. Ein großer Teil des Konzernvermögens wurde eingefroren, was ihre langfristigen Geschäftspläne und -ziele vollkommen unhaltbar machte. Zwei Vorstandsvorsitzende traten in schneller Abfolge an, um den Kurs zu korrigieren und das Unternehmen wieder in die bekannten Bereiche Fördertechnik und Schwerindustrie zurückzuführen, doch nichts konnte das Unausweichliche aufhalten. 2655 meldete Gold Horizon endgültig Insolvenz an.

Gold Horizon heute

In gewisser Hinsicht kann man die bleibenden Auswirkungen von Gold Horizon zu einer einfachen Tatsache zusammenfassen: 2944 leben Billionen von Menschen auf Welten, die wenige Jahrhunderte zuvor noch unbewohnbar waren. Selbst wenn die Menschheit schon immer für die Expansion zu den Sternen vorgesehen gewesen wäre, so ist es doch zumindest teilweise den Stationen von Gold Horizon zu verdanken, dass die von Menschen besiedelten Welten enger zusammenliegen, als das sonst der Fall gewesen wäre. Das legt den Schluss nahe, dass damit auch die geographische Stärke des Imperiums von heute in gewisser Weise mit den Bemühungen von Gold Horizon zusammenhängt.

Das charakteristische Gold Horizon-Firmenlogo wird in der heutigen Gesellschaft noch immer mit eher gemischten Gefühlen betrachtet. Längst ein Gemeingut, erscheint es gelegentlich als Modeaccessoire in der Avantgarde. (In den eher konservativen Gegenden auf der Erde sind Gold Horizon Hand- und Kuriertaschen nach wie vor Bestseller.)  


Abgesehen von den historischen Auswirkungen brachte der Fall von Gold Horizon auch ganz praktische Probleme mit sich, die vor allem mit der an Unzerstörbarkeit grenzenden Haltbarkeit der Stationen zu tun haben. Dutzende dieser Raumstationen sind nach wie vor über das ganze Imperium verstreut, die meisten davon in Bereichen des Alls, in denen der Terraformingprozess auf halbem Wege als unrentabel angesehen und eingestellt wurde. Die Stationen verwandelten sich nach und nach zu Zentren illegaler Aktivitäten aller Art. Bewohnt von Einzelgängern, Überlebenskünstlern, Piraten oder Schlimmerem kann man auf den übriggebliebenen Gold Horizon-Stationen vom gut bestückten Schwarzmarkt bis zum Schlachtfeld verfeindeter Piratenbanden alles vorfinden, was man sich vorstellen kann.  

2943 ließ der Senat der UEE eine verdeckte Ermittlung bezüglich der Gold Horizon-Raumstationen durchführen, die schließlich zu dem Ergebnis kam, das es nicht möglich sei, die Zivilisten an Bord dieser Basen umzusiedeln. Die formelle Empfehlung sah den Einsatz des Militärs vor, das die Stationen vom Weltraum aus zerstören sollte. Aufgrund juristischer Hürden und der zunehmenden Bedrohung durch die Vanduul wurden diese Pläne jedoch auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt.

Übersetzung:  Agent_B  Korrekturlesung:  Malu23  Originaltext