Das Signal

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Das Signal, Autor: ius

 

Der Raum war dunkel und still, als die auf Tiefenraumforschung spezialisierte Kommandogruppe des Forschungskorps Auriga als erste der übrigen Gruppen aus dem Hyperraum fiel. Seit Wochen, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, waren sie unterwegs gewesen, nur einem leisen Signal folgend.

 

Geplagt von dem stumpfen und monotonen Sausen der Sprungantriebe ihrer Schiffe waren die Besatzungen froh, endlich Stille um sich herum zu fühlen. Dennoch, diese Stille war... erdrückend. Jeder fühlte es. Es war ein Leichtes, dies den vielsagenden Blicken der Schiffsbesatzungen zu entnehmen.

 

 

Das Signal, dem sie gefolgt waren, woher es kam oder was es war, das wusste niemand. Nicht einmal der ansonsten gut eingeweihte und immer mit einer Idee ausgerüstete Korpsleiter Madwag konnte sich darauf einen Reim machen. Aber wie sollte er auch. Selbst die Sensorspezialisten und Tiefenraumanalysten des United Empire of Earth mit ihrer stationären und teuren Hochtechnologie waren nicht in der Lage gewesen, das Signal zu entschlüsseln. So wurde der Auftrag, die Herkunft des Signals aufzuklären, von höchster imperialer Stelle ausgeschrieben. Nicht viele Organisationen waren dazu in der Lage, im Tiefenraum eine solche Mission wahrzunehmen. Und das Empire interessierte sich nicht dafür, in der derzeitig politisch und wirtschaftlich angespannten Lage selbst ein Kosten verschlingendes Expeditionskorps auszusenden. Es war dankbar, als eine wirtschaftsstarke und gut ausgebaute Organisation namens „Das Kartell“ sich anbot, den Auftrag zu übernehmen. Mangels gleich qualifizierter Mitbewerber erhielt „Das Kartell“ den Auftrag und vergab ihn wie es üblich war nach internen Verteilungsplänen. Der Auftrag wurde dem Forschungskorps Auriga zugeteilt. Wirklich begeistert darüber war dort zunächst niemand. Ein Signal. Gut. Es gab viele Signale aus dem weiten Raum. Und nicht alle waren lohnenswert, erforscht zu werden. Es war nicht einfach, Tiefenraumforschung zu betreiben. Zu speziell waren die Anforderungen dafür und für einen Fehlschlag wollte niemand die Verantwortung übernehmen.

 

Eines war dem Signal aber eigen: Es verursachte auf eine unbeschreibliche Art und Weise bei jedem, der es zu verstehen versuchte, ein Gefühl der Angst. Es war beklemmend. Das Muster, das es zeigte, war fremdartiger als alles, was je eine Antenne der Menschheit aufgefangen hatte.

 

Und nun waren sie hier. Im Nichts. Der für die Sensorarrays des Korpsführungsschiffes Ikarus, dem neusten Modell der Aquila-Klasse, zuständige Offizier ImiN bestätigte: Sie waren an der Quelle des Signals angekommen.

 

Das nichtidentifizierte Objekt lag vor ihnen. Es war groß und düster, tausende Meter lang. Ein verrücktes Wirrwarr aus schwarzen Säulen und Spitzen, jede einzelne größer als ein Schiff der Constellation-Klasse. Zackige Auswüchse, schwärzer als alles, was je ein Menschenauge gesehen hatte, ragten in unregelmäßigen Abständen aus dem Objekt. Es war nicht zu erkennen, ob es sich dabei um Waffen, um Sensoren oder sonst etwas gänzlich Unbekanntes handelte. Und da war noch etwas: Es war übersät mir Kratern, riesigen gleichförmigen Einschlagskratern. Korpsleiter Madwag zuckte unmerklich zusammen. Was zur Hölle war in der Lage, dem Objekt solche gigantischen Einschlagskrater, die aussahen, als ob eine unglaublich große Waffe sie dort hineingeschossen hätte, zu verpassen?

 

Lange Zeit sprach niemand auf der Kommandobrücke der Ikarus. Der Kommandeur der Geleitgruppe, ius, brach die Stille. „Korpsleiter Madwag?“ Madwag fuhr herum, runzelte die Stirn und nickte dem Geleitkommandeur zu.

 

Hier spricht ius, Geleitschiffe: Leiten Sie unverzüglich die Sicherungsprozedur Alpha ein. Schilde aktivieren und Position zwischen unbekanntem Objekt und Korps einnehmen. Kein Scan, kein Ping.“

 

Das Korps brach in einer fließenden Bewegung aus seiner Sprungformation und formierte sich neu. Bergungsschiffe, Forschungsschiffe und Geleitschiffe taten das, was sie seit Jahren routiniert taten. Das war ihre Stärke. Sie waren schon seit jeher in ihren Missionen allein unterwegs. Sie hatten nur sich und sie wussten, sie konnten sich aufeinander verlassen. Es gab keinen Einzelgänger, es gab nur sie.

 

Nachdem die Standardformation für die Annäherung an unbekannte Objekte abgeschlossen war, gab Korpsleiter Madwag die Anweisung, mit der Sicherheitsanalyse des Objektes zu beginnen.

 

Das war ius' Sache. Die Sicherheit des Korps stand an oberster Stelle, immer. Und auch dieses mal würde nichts die Mission gefährden. An Board der Ikarus befand sich neben Korpsleiter Madwag auch Kommandeur Sarev, ein bärtiger und rauer Spezialist für Bergung. Es war selbstverständlich, dass Madwag und Sarev den Kommandeur der Sicherheit bei seiner Aufgabe unterstützen würden.

 

Während die anderen Geleitschiffe in einem seitlich versetzten Bogen zur Ikarus Position bezogen, näherte sich die Ikarus dem Objekt. Ius gab den Befehl, das Objekt zu scannen. Zwei Pings wurden ausgesandt. Standardprozedur. Das „Hallo“ des Korps. Doch weder lieferten die Scans brauchbare Resultate noch antwortete das fremde Objekt. Seine dumpfen schwarzen Flächen und Strukturen schienen die Scans und Pings eher zu absorbieren, als sie zu reflektieren. Keines der ausgesandten Signale drang zu ihnen zurück. Ius ignorierte die erschreckten Blicke seiner Kommunikationsoffiziere. Er hatte schon Beeindruckenderes gesehen. Korpsleiter Madwag brummte irgendetwas Unverständliches, ging zum Sensorarray und überprüfte die Scans erneut. Nichts. Es war, als ob das Objekt einfach nicht da wäre. Nur das Signal selbst, dem sie gefolgt waren, sandte unbeirrt sein unheimliches Frequenzmuster in den Raum.

 

Sarev grinste, denn ihm war klar, dass es hier sicherlich nur brauchbare Informationen gab, wenn sie das Objekt von innen untersuchen würden. Das kannte er, das war sein Gebiet.

 

Die Kommandeure und der Korpsleiter waren sich einig: Sie würden das Objekt betreten und auf Gefahren, ob absichtliche oder unabsichtliche, untersuchen müssen, bevor auch nur ein Wissenschaftler seinen Fuß in das Objekt setzen durfte. Sie konnten es sich nicht leisten, hier draußen, in der Stille des ewigen Raumes, weit abseits dessen, was Abenteurer noch ihre Spielwiese nannten, auch nur einen Mann oder eine Frau zu verlieren.

 

Kommandeur ius, beginnen Sie mit dem Andockprozess“, brummte Madwag missmutig. Der Korpsleiter hatte gehofft, eine kurze und sichere Mission erfüllen zu können. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, dachte er mürrisch, „aber sie stirbt eben.“

 

Mit einem kurzen Nicken bedeutete ius seiner Systemoffizierin, Cozzmo, verantwortlich für die Subsysteme des Schiffes, die Scheinwerfer der Ikarus zu aktivieren.

 

Wie ein dürrer Finger aus gleißendem Licht tastete sich ein Lichtstrahl von der Ikarus zu dem unbekannten Objekt. Es war erstaunlich, wie wenig der hochgezüchtete Scheinwerfer der Sicht auf das Objekt verhelfen konnte. Es schien erneut, als schlucke die Oberfläche des Objektes alles, was sie ihm entgegenwarfen.

 

Korpsleiter Madwag!“, presste der für die Sensorarrays zuständige Offizier ImiN durch geschlossene Zähne: „Als wir unseren Scheinwerfer aktiviert haben, hat sich innerhalb von wenigen Sekundenbruchteilen die Frequenz und das Muster des ausgestrahlten Signals verändert. Sie stieg kurzzeitig an und brach schließlich ganz ab. Jetzt ist da draußen nur noch Totenstille.“

 

Totenstille!“, dachte ius zynisch. Besser hätte man es nicht beschreiben können. In der Tat gellte die Stille förmlich in den Ohren. Es war irgendwie falsch, alles schrie danach, diesen unseligen Ort zu verlassen.

 

Allen an Board der Ikarus war mittlerweile klar, dies war keine gewöhnliche Mission. Diese hier war anders. Etwas schwebte wie eine dunkle Vorahnung durch die Gedanken der Schiffsbesatzung und spiegelte sich in ihren besorgten Gesichtern wieder.

 

Kommandeur ius, ich habe eine Art Zentrum des Objektes lokalisiert, basierend auf visueller Beobachtung!“, rief ImiN plötzlich, sichtlich erregt. „Annähern!“, befahl ius kühl.

 

Die Ikarus näherte sich der beschriebenen Stelle. Dort befanden sich auf dem Objekt Säulen und Spitzen, angeordnet in einer Art Kreis um etwas, dessen Form überhaupt keinen Sinn ergab. Allein der Versuch, dieser Form einen Namen zu geben, diesen in sich verschlungenen und genauso oft nicht verschlungenen Mustern und verrückten Strukturen zu folgen, erzeugte Kopfschmerzen. Es war beunruhigend, Dinge die zusammenhielten und doch nicht zusammen halten sollten. Derart Fremdartiges war noch keinem Mitglied des Forschungskorps Auriga begegnet.

 

Es ist ein unbekanntes Schiff, eine völlig neue und fremde Spezies, nicht wahr?“, murmelte Kommandeur Sarev leise. Sein Optimismus war verflogen. Auch Madwag fiel die blanke Angst in den Köpfen seiner Brückencrew auf. Sie sprang ihm förmlich in den Rücken. Doch er konnte seinen Blick nicht von dem fremden Objekt nehmen. Irgendetwas flüsterte ihnen seit Abbruch des Signals ständig zu. Es war nicht verständlich, anfangs unhörbar, aber es wurde stetig lauter. Es kam von dem Objekt. Und es machte ihnen allen Angst.

 

Madwag kniff die Augen zu, um mehr erkennen zu können. „Kommandeur ius, sehen Sie in der Mitte des Kreises auch eine Art Dreieck?“, fragte Madwag. „Könnte schwören, das war eben noch nicht da!“, brummte ius. Sarev nickte zustimmend.

 

Flugoffizier gossip, steuern Sie das Schiff zur Mitte des Kreises, Abstand 500 Meter, langsame Bewegung“, wies ius seinen zuverlässigen und erfahrenen Flugoffizier an. „Jawohl Kommandeur!“, gab Flugoffizier gossip zurück und setzte das Schiff in Bewegung. Er manövrierte das Schiff zur befohlenen Stelle, bis es sich im richtigen Abstand vor der Mitte des Kreises befand.

 

Hier ius: Geleitschiffe, wir docken an das Objekt an. Ihr werdet Eure Position halten. Nichts darf sich unidentifiziert dem Objekt nähern und außer uns darf nichts das Objekt verlassen.“ „Zu Befehl!“, rauschte es aus den Lautsprechern der Ikarus.

Und dann erwachte das Objekt. Wie eine Gewitterwolke begannen Blitze zwischen den Strukturen hin und her zu springen. Ein hoher surrender Ton erklang. Es fühlte sich an, als ob kaltes hartes Glas aufeinander schliff. Ohne Vorwarnung traf ein gleißender Lichtstrahl, heller als ein Gammablitz, auf die Schilde der Ikarus. Das Schiff schrie auf, als sei es von einer metallenen Faust titanischer Größe getroffen worden. In Sekundenbruchteilen versagten die Schilde und Schiffssysteme. Aus dem Augenwinkel sah Korpsleiter Madwag, wie die übrigen Geleitschiffe in gleißende Kugeln aus hellem Licht gehüllt wurden und wie von einer Barriere getroffen zu den in einiger Distanz wartenden Forschungsschiffen geschleudert wurden. Gleichzeitig leuchtete etwas, das wie eine Art Schild aussah, um das Objekt auf. Hexagonale Felder hüllten das gesamte Objekt und mit ihm die Ikarus ein.

 

 

An Board der Ikarus brach Chaos aus. Trümmerteile wirbelten durch die Brücke. Flammen schossen aus geplatzten Rohren und zerschmetterten Konsolen. „Ob sein Bart ihm sein Gesicht retten wird?“, fragte sich ius innerlich als Sarev mit dem Kopf voraus Richtung Brückenfenster flog, das aus massivem Panzerglas bestand. „So hat sich vielleicht sein jahrelanger ungeschnittener Bart am Ende vielleicht doch bewährt!“, grinste ius in sich hinein, als er selbst mit dem Kopf Richtung Panzerglas flog und zumindest in diesem Moment gerne mit dem bärtigen Sarev getauscht hätte. Doch bevor beide Kommandeure mit Wucht auf dem Panzerglas aufschlugen, sprangen innerhalb von Millisekunden die Notfallsysteme der Ikarus an und mit ihnen die Trägheitsdämpfer. Sarev und ius wurden zu Boden gerissen und kamen in einer mehr oder weniger eleganten Rollbewegung vor dem Brückenfenster zum Stillstand. Beide keuchten, als sie sich wieder aufrichteten und dankend Madwag zunickten, der mit einem Arm an einer Konsole hängend den Notfallknopf für die Sekundärsysteme betätigt hatte. Sie waren ein Team. Immer und jederzeit.

 

Statusbericht!“, bellte Madwag durch das Chaos seinen Brückenoffizieren zu. „Die Hülle hat gehalten!“, kam es unter der Konsole hervor, als Cozzmo hervorkroch und sich zurück auf ihren Stuhl setzte. Sie fügte hinzu: „Die Löschsysteme haben die Brandherde in allen Schiffsteilen beseitigt. Aber... wir haben keinen Kontakt mehr zu dem Rest des Forschungskorps. Der Energieschild des fremden Objekts hindert unsere Kommunikation, die Sekundärsysteme sind nicht in der Lage diesen zu durchdringen. Wir empfangen auch nichts mehr.“

 

Korpsleiter Madwag runzelte sorgenvoll die Stirn. „Haben wir zum ersten Mal einen wirklichen Fehler begangen, diese Mission anzunehmen? Was ist mit meinen Leuten da draußen?“, fragte er sich insgeheim. Er schüttelte den Kopf. Sie würden nicht aufgeben. Weder sie hier innerhalb des Energieschildes noch seine Leute da draußen. Sie würden nicht ruhen, bis das Korps wieder vereint sei.

 

Korpsleiter“, knurrte Sarev durch seinen Bart, „ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.“ „Nun?“, nahm ius die Frage vorweg. Sarev antwortete: „Die schlechte Nachricht: Wir sind manövrierunfähig. Die gute Nachricht: Wir leben und sind in Dockingreichweite. Der Schlag, der uns getroffen hat, hat unser Schiff an das Objekt geschleudert.“

 

Madwag blickte fragend zu ius, der die Brückenbesatzung musterte. Allen war der Schrecken ins Gesicht geschrieben, ihr Atem ging schnell, Schweiß schimmerte in Perlen auf ihren Gesichtern. Ius' Hand ruhte auf seiner Energiepistole am Gürtel. Es war Zeit das fremde Objekt zu entern. Was hatten sie sonst für Möglichkeiten? Und wenn es nicht durch die seltsame sich vor der Ikarus befindliche dreiecksförmige Struktur gehen würde, dann würden sie sich eben selbst einen Eingang schaffen. Es gefiel ihm nicht, schon an dieser Stelle der Mission auf rohe Gewalt zurückgreifen zu müssen, doch diese verdammte Mission hatte von Anfang an unter einem schlechten Stern gestanden. Das hatten alle gefühlt. Und dieses Objekt hatte sie angegriffen. Das war unmissverständlich.

 

Korpsleiter...“, sprach ius ruhig, „wir werden das Objekt entern und unser Korpsemblem auf seinen Arsch brennen. Sie und Sarev begleiten mich. Der Rest der Besatzung repariert die Primärsysteme des Schiffs und behält das Objekt im Auge.“ Ius hielt inne. Das Objekt! Er blickte durch das Brückenfenster. Das fremdartige Objekt lag still, eingehüllt in seinen Energieschild. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte es fast etwas Friedliches an sich gehabt. Die Brückenoffiziere nickten still und Madwag, Sarev und ius begaben sich zu ihren Raumanzügen.

 

Außerhalb des Energieschildes befanden sich die beschädigten übrigen Geleitschiffe und der Rest des Forschungskorps. Wenigstens Letztere hatten sich in sicherer Entfernung befunden. Das bedeutete jedoch nur, dass sie selbst nicht den gleißenden Lichtblitzen ausgesetzt waren. Ihre Schiffssysteme waren aber ebenfalls aus einem unbekannten Grund zum größten Teil ausgefallen.

 

Schwarz und still lag der Rest des Forschungskorps vor dem unbekannten Objekt. Eine dunkle Stille breitete sich in den Schiffen zu einer beklemmenden Atmosphäre aus. So etwas war ihnen noch nie passiert. Was war mit ihrem Führungsschiff, der Ikarus und seiner Besatzung, geschehen? Wo war ihr Korpsleiter?

 

Der Dockingtunnel der Ikarus, manuell gesteuert, bewegte sich auf das fremde Objekt zu. Mit einem dumpfen Schlag setzte er auf dem Objekt auf. Madwag, ius und Sarev hielten den Atem an und lauschten. Nichts war zu hören. Sie näherten sich dem Objekt. Seine Hülle schien förmlich das Licht ihrer Helme und Raumanzüge aufzusaugen. Auch die Sensoren der Raumanzüge zeigten nichts an. Sie waren allein auf ihre audio-visuellen Fähigkeiten angewiesen. Mit einer Kopfbewegung bedeutete Madwag Sarev und ius, sich der Hülle des Objekts zu nähern und einen Eingang zu finden. Als Sarev einen halben Meter vor der Hülle stand und eben im Begriff war diese zu berühren, bedeutete ihm ius, dass er innehalten solle. Etwas stimmte nicht. Doch bevor Sarev seine nur wenige Zentimeter von der Hülle entfernt befindlichen Handschuhe zurückziehen konnte, schoss mitten aus der Wand ein Lichtblitz durch Sarev. Ein dumpfer Schlag folgte, als Sarev zu Boden ging. Madwag und ius sprangen zu Sarev, als plötzlich ein surrendes Geräusch, das ihnen bereits unangenehm bekannte Geräusch von aufeinander schleifendem kalten Glas, ertönte, und sich eine dreiecksförmige Öffnung zeigte. Madwag und ius erstarrten und betrachteten die an ihren Seiten hell erleuchtete Öffnung argwöhnisch. Währenddessen erhob sich, wild fluchend, auch Sarev wieder. „Ich bin doch kein verdammtes Grillhähnchen! Na, dir werde ich‘s noch zeigen!“, brummte er wütend und legte seine Hand kampfeslustig auf seine am Gürtel hängende Energiepistole. Madwag und ius mussten grinsen. Offensichtlich war es eine Art elektrische Energie gewesen, die Sarev getroffen hatte. Um diesen bärtigen, raubeinigen Kerl umzulegen, bedurfte es aber wohl etwas mehr.

 

Alle drei musterten die Öffnung. Sie konnten nicht erkennen, was sich dahinter befand. Es war zu fremdartig. Leuchten und doch kein Leuchten, verschlucktes Licht und Schwärze, die selbst leuchtete. Sie versuchten erst gar nicht, dafür eine Erklärung zu finden. Alle drei schauten sich an und schritten durch die Öffnung.

 

Sie fanden sich wieder in einem Gang, ohne Atmosphäre zum Atmen, ausgekleidet mit etwas, was an düsteres Metall erinnerte. Es wirkte ölig, fließend und doch starr. Ius berührte den Boden und zog schnell seine Hand zurück. „Korpsleiter... fühlen Sie es auch?“, flüsterte er zu Madwag. Madwag und Sarev berührten beide den Boden und zogen ebenso schnell ihre Hände wieder zurück. Der Boden lebte! Sie wussten es in dem Moment, wo sie den Boden berührten. Er war hart, düster und schwarz, irgendwie warm und unangenehm. Und er lebte. Sarev flüsterte: „Dasselbe habe ich gespürt als mich an der Öffnung der Blitz getroffen hat. Es war, als würde er mit mir reden!“ Madwag erschauerte. „Wenn es lebt, dann kann man es auch töten“, gab ius leidenschaftslos von sich. Er bedeutete Sarev und Madwag, dem Gang zu folgen. Sie waren hier nicht um Spekulationen anzustellen. Nicht an dieser Stelle. Sie mussten die Ikarus freibekommen und zum Rest des Korps stoßen. Das hatte jetzt oberste Priorität.

 

Sie folgten still einer Weile dem Gang. Es gab eine Unmenge an Gängen. Manche übersät mit bläulich schimmernden, kabelartigen Strängen und manche wiederum übersät mit kraterartigen Löchern.

 

Schließlich fanden sie sich vor einer Art Tor in einem Raum wieder. Einem großen Tor. Mindestens 20 Meter in der Höhe und 7-8 Meter in der Breite. Sarev musterte das Tor sichtlich interessiert und bemerkte: „Sollen wir jetzt anklopfen? Damit sich schön das Tor öffnet, ein Riese herauskommt und uns im Vorbeigehen tottritt? Oder für wen soll ein 20 Meter großes Tor denn sonst sein?“ Madwag grinste still in sich hinein und fragte sich, was denn alles passieren müsse, damit Sarev seinen Humor verlieren würde. Der würde selbst in der Hölle noch mit dem Teufel witzeln.

 

Offensichtlich musste er nach außen deutlich sichtbar eine grinsende Grimasse gezogen haben, denn ius schaute Madwag leicht irritiert an. Madwag fasste sich wieder und bedeutete ius einen Durchgang zu finden. Ius war klar, dass nicht einmal das gesamte Korps stark genug sein würde, auch nur ansatzweise dieses massive Tor aufzustemmen. Er grinste und zog sein Energiegewehr, eine Windmark Energyzer 2945. Das stärkste Energiegewehr, das noch für den mobilen Einsatz geeignet war. Nichts konnte ihm widerstehen. Selbst härteste Koltanpanzerlegierungen zerschmolzen unter seinem Beschuss wie Butter in einem Blitzschlag. Ius bedeutete Madwag und Sarev zurückzutreten, legte an und schoss. Ein gleißender Energiestrahl entlud sich zischend auf den unteren Torbereich. Nichts geschah. Der Energiestrahl verschwand einfach in dem Tor, ohne ihm auch nur einen Kratzer zuzufügen. Ungläubig musterte ius seine Windmark. Das konnte nicht sein! Kein im Periodensystem bekanntes Material kann dem Beschuss einer Windmark widerstehen! Nur energiebasierte Kampfschilde waren dazu in der Lage!

 

Ius legte ein weiteres Mal auf das Tor an. Bevor er jedoch den Auslöser seiner Waffe erneut betätigen konnte, gab es einen ohrenbetäubenden Knall und das Tor sprang in rasender Geschwindigkeit auf. Sarev, ius und Madwag wurden wie Streichholzpuppen weggefegt und flogen meterweit durch den Raum. Auch wenn ihr Raumanzug sie einigermaßen durch seine Trägheitssysteme schützte, verspürten alle drei einen stechenden Schmerz, als sie wieder auf dem Boden aufkamen. Noch bevor sie sich wieder aufrappeln konnten, stürmte plötzlich eine Art Drohne aus dem Tor. Sie war gewaltig! Bestimmt 6 Meter hoch und 6 Meter breit und gab ohrenbetäubende, vibrierende dunkle Töne von sich. Sie bestand aus dem selben Material wie alles andere in dem Objekt. Düsteres Metall, starr und doch lebendig. Sie unterschied sich lediglich insoweit von ihrer Umgebung, als dass sie dunkelbläulich und schwärzlich schimmerte. Ihre Form war eine Art bogenförmiger Kreis, in der Mitte leer. Mehrere dieser bogenförmigen Kreise umrundeten sich, verschwanden ineinander, erschienen wieder und blieben immer wieder in kurzen ruckartigen Bewegungen stehen. Aus dem Nichts der Mitte der Drohne schoss ein Lichtstrahl in alle vier Richtungen des Raumes und scannte diesen systematisch ab. Er blieb auf den drei am Boden liegenden winzigen Gestalten hängen. Die im Raum schwebende Drohne korrigierte ihre Position und blieb vor den drei Gestalten in der Schwebe stehen. Ihre dunklen vibrierenden Töne wurden lauter und folgten in immer kürzer werdenden Abständen. Schließlich war es nur ein einziger düsterer Ton, ein schwarzer vibrierender Ton, der jedem organischen Lebewesen bis ins Mark gedrungen wäre. Sarev, Madwag und ius hielten sich vor Schmerzen schreiend ihre Hände an die Ohren. Der Ton drang ungehindert durch ihre Raumanzüge und Helme. Schließlich brach aus der Drohne ein Gewitter an Blitzschlägen auf die am Boden liegenden drei Gestalten los. Sie zuckten und wanden sich und schrien vor Schmerz. Ihre schmerzerfüllten Schreie vergingen jedoch im Ton der Drohne. Nach einer Weile schließlich verstummten sie und zuckten nur noch still unter dem auf sie einschlagenden Blitzgewitter.

Als sie wieder erwachten, war es still um sie herum. Nur ein leises flüsterndes Raunen erfüllte die Halle, in der sie lagen. Keiner der drei verspürte noch irgendwelche Schmerzen. Auch trugen sie keine Raumanzüge mehr. In dem Objekt herrschte plötzlich – im Gegensatz zum Zeitpunkt ihres Eintrittes – eine Atmosphäre, erkannte Madwag. Zufrieden über seine erhalten gebliebene Geistesgegenwärtigkeit grinste er. Er rappelte sich auf, half ius und Sarev ebenfalls aufzustehen, und sie blickten sich um.

 

 

 

Etwas Derartiges habe ich noch nie gesehen!“, bemerkte ius, der die riesige Halle musterte. Sie war so hoch, dass die Decke nicht zu erkennen war und im Durchmesser so breit, dass ihre Wände nicht zu sehen waren. Plötzlich zuckte ius zusammen und griff instinktiv an die Stelle, wo seine Energiepistole sein sollte und dennoch nicht war: Sie waren von vier Drohnen umgeben! In jeder Himmelsrichtung um sie herum befand sich eine von ihnen. Sie schwebten still über dem Boden, keine zerschmetternden Töne, keine schmerzvoll peitschenden Energieblitze gingen von ihnen aus. Nur ein leises, ja fast angenehmes Raunen. „Ich glaube, jetzt verstehe ich. Ich habe das schon einmal gesehen“, bemerkte Sarev ruhig. Ungläubig starrten ius und Madwag ihn an. „Bleibt ruhig“, sagte Sarev. „Als der Blitzschlag mich an der Öffnung traf, hat er mit mir gesprochen. Aber nicht in Worten, sondern in Bildern. Diese Bilder...“, sagte Sarev und zeigte seelenruhig auf über den Drohnen erschienene holografische Bilder.

 

Es waren fremdartige Bilder, ihr Inhalt schwer zu identifizieren. Eines war jedenfalls sicher: Sie zeigten das fremde Objekt. Und mit einem mal wurde Madwag und ius klar: Sie befanden sich in einem Raumschiff. Einem Raumschiff einer fremden Spezies. Einer Spezies, so fremdartig, dass nichts an sie erinnerte, was im bereits bekannten Universum existiert oder je existiert hatte. Die Bilder über den Drohnen zeigten die wahre Größe des Schiffes. Es gewaltig zu nennen war noch untertrieben. Ein Bengalcarrier erschien dagegen wie ein hilfloser Wurm neben einem Drachen. Das Schiff war schlicht und ergreifend gigantisch. Madwag, Sarev und ius erkannten auf den Bildern, dass sie sich im Zentrum des Schiffes befanden. Hoch oben, über ihren Köpfen, befand sich ein gewaltiger Energiekern, der in unregelmäßigen Abständen pulsierte. Irgendwas schien mit ihm nicht zu stimmen.

 

Plötzlich nahm das sanfte Raunen zu. Instinktiv hielten die drei ihre Hände an die Ohren, in Erwartung eines düsteren, vibrierenden und vor allem sehr schmerzhaften Tones. Doch er kam nicht. Stattdessen erschien über ihren Köpfen ein einziges riesiges Hologramm in der Mitte des Drohnenkreises, gespeist von den vier Drohnen.

 

Das Hologramm zeigte eine Abfolge von unbekannten Zeichen. Dazwischen zeigte es immer wieder Blitzschläge, die aus den Zeichen sprangen, und zwar auf Figuren, die aussahen wie... wie Menschen!

 

Während ius und Madwag sich noch fragend anschauten, wurde Sarev schlagartig bewusst, was damit gemeint war. „Die Licht- und Energieblitze sind Informationen!“, rief Sarev. Wie zur Bestätigung gaben die Drohnen einen kurzen, dunklen und vibrierenden Ton ab, der dieses mal allerdings nicht schmerzhaft laut war. „Was immer das hier auch sein mag oder wer auch immer dieses hier gebaut hat und die Drohnen kontrolliert, es möchte mit uns kommunizieren!“, schrie Sarev, hellauf begeistert. „Das ist ihre Art zu kommunizieren!“, fügte er hinzu. Es folgten zwei weitere Töne der Drohnen in kurzer Abfolge. Madwag und ius nickten zustimmend.

 

Das Bild wechselte und begann ein weiteres Schiff, die Ikarus, zu zeigen. Es zeigte einen dürren Lichtstrahl, der von der Ikarus auf das fremde Schiff sprang und wenig später schließlich einen weiteren, dieses Mal aber gleißenden Lichtstrahl, der von dem fremden Schiff auf die Ikarus sprang. Daneben zeigte das Bild eine Abfolge eines den dreien unbekannten Codes, der sich immer wieder wiederholte und um das fremde Schiff kreiste. Er ähnelte einem 010101010101-Binärcode.

 

Schließlich zeigte sich wieder das fremde Schiff, nur dieses mal war es hell erleuchtet. Und neben ihm befand sich etwas, das noch fremdartiger schien als es selbst. Es war furchterregend groß und seine Form war mit einem menschlichen Intellekt nicht zu erfassen. Große dunkle Strahlen unbekannten Inhalts gingen von ihm auf das fremde Schiff nieder, das die drei Menschen betreten hatten. Dann verschwand das titanische zweite Objekt auf dem Bild. Das Bild zeigte jetzt nur noch das fremde Schiff, in dem sie sich befanden. In dem selben Takt, wie der über ihren Köpfen angezeigte Energiekern unregelmäßig pulsierte, verlor das holografisch dargestellte Schiff an Leuchtkraft. Schließlich begann das Bild unregelmäßig zu flackern.

 

Es folgte eine stark verkleinerte Version des fremden Schiffes neben einer menschlichen Figur. Zwischen beiden sprang ein Energiestrahl hin und her. Das fremdartige Schiff verzerrte sich schließlich und verschwand in einer Art Raumkrümmung. Die menschliche holografische Figur blieb alleine zurück.

 

Nun begriffen auch Madwag und ius, was ihnen das unbekannte Schiff mitteilen wollte. Ius bemerkte zu Sarev: „Das ist nicht ihre Art zu kommunizieren, das ist seine Art zu kommunizieren. Es stirbt.“ Sarev runzelte die Stirn. Madwag fügte hinzu: „Wir haben das Schiff geweckt. Es hat ein Notsignal ausgesendet. Vermutlich wurde es von diesem noch größeren, fremden, monströsen Etwas angegriffen. Das erklärt zumindest diese gigantischen Einschlagskrater auf dem Schiff. Es hat den Angriff überlebt, aber womöglich lag es danach in einer Art energiesparenden Stasis. Als wir unseren Lichtstrahl auf das Schiff gerichtet haben, hat es dies als Kommunikationsaufforderung verstanden. Das ist seine Art zu kommunizieren. Über Licht und reine Energie. Der Binärcode, das ist es. Es ist eine Maschine. Eine gigantische lebende und intelligente Maschine. Wir haben das gespürt, jeder von uns, als wir das Schiff nach dem Betreten zum ersten Mal berührt haben.“ Sarev nickte zustimmend.

 

Ius führte aus: „Es hat uns gezeigt, was es braucht. Es braucht reine Energie, sonst stirbt es. Es ist hier im ewigen Raum, im Nichts, gefangen. Es ist nicht mehr in der Lage seinen Antrieb hochzufahren und dorthin zu fliegen, wo es herkommt. Wo immer das auch sein mag. Deshalb das leuchtende Schiff auf dem Bild, das gleichzeitig mit dem unregelmäßig leuchtenden und pulsierenden Kern immer schwächer wurde. Es braucht unsere Hilfe. Die Blitzschläge uns gegenüber waren kein Angriff, es war seine Art zu kommunizieren. Wir sind nur nicht in der Lage, diese Art der fortgeschrittenen Kommunikation zu verkraften.“ Ius zwinkerte zu Sarev, der dies mit einem wütenden Blick quittierte.

 

Madwag ergriff wieder das Wort: „Ich denke nicht, dass es bösartig ist. Das unangenehme Gefühl, dass wir alle spüren, seitdem wir hier sind, das ist seine Präsenz. Es ist zu fremdartig für uns. Wer auch immer es geschaffen hat, falls es überhaupt erschaffen wurde, sollte es wieder zu sich nehmen. Es gehört nicht hierhin. Wir müssen ihm die Energie verschaffen, die es benötigt, um seinen Antrieb hochzufahren.“

 

Starthilfe...!“, kommentierte Sarev und grinste.

 

Wie zur Bestätigung heulten die Drohnen auf, in wild durcheinander liegenden Tönen. Das Hologramm gewann an Leuchtkraft und zeigte einen Lichtstrahl, der von kleinen Punkten auf das fremde Schiff überging. Zurück floss ein fremdartiger Code von Symbolen. Gleichzeitig öffnete eine Drohne ihre wirbelnden bogenförmigen Kreise und es erschien ein Kristall.

 

Madwag und ius traten vorsichtig zurück. Sarev allerdings näherte sich dem Kristall. Bevor Madwag und ius Sarev warnen konnten, schoss aus der Drohne ein gleißender Lichtstrahl und traf Sarev. Sarev fiel um, rappelte sich aber im selben Moment wieder auf. Er drehte sich verärgert und fluchend zu ius und Madwag um, die beide in schallendes Gelächter ausbrachen. „Wenn du nicht schon wieder gegrillt werden möchtest Sarev“, kicherte ius und Madwag beendete lachend den Satz, „dann solltest du deinen Bart löschen. Der brennt.“ „Verdammte Scheiße!“, fluchte Sarev und klopfte sich den Bart aus. „So ein Bart wächst nicht über Nacht ihr Hohlköpfe!“, grummelte Sarev wütend in Richtung der Drohne mit dem Kristall.

 

Jedenfalls weiß ich jetzt, was das ist und ihr nicht!“, grinste Sarev triumphierend und deutete auf den Kristall. Er ging zum Kristall und nahm diesen an sich. Mit ernster Miene sagte Sarev schließlich: „Dies hier verpflichtet uns. Es ist ein Geschenk. Eines, das nur in verantwortungsvolle Hände geraten darf.“ Madwag und ius schauten sich fragend an und Sarev fuhr fort: „Es ist ein Datenkristall. Sicherlich, es wird einige Jahre dauern ihn zu entschlüsseln. Aber es wird sich lohnen. Der Kristall enthält das gesammelte Wissen einer sterbenden Spezies. Die Drohne hat mir gezeigt, dass das Schiff, dass es, eines der letzten seiner Art ist. Ich habe es deutlich gesehen.“

 

Ehrfurchtsvoll blickten Madwag, ius und Sarev auf den Kristall, verstauten diesen und verneigten sich vor der Drohne. Zwischen den Drohnen begannen plötzlich Lichtblitze hin und her zu springen. Es erfolgte ein letzter majestätischer Ton aller vier Drohnen, so gewaltig, laut und durchdringend, dass die drei anwesenden Menschen das Bewusstsein verloren.

 

Als sie erwachten, befanden sie sich wieder in ihren Raumanzügen. Sie waren an der Öffnung, von der aus sie das Schiff betreten hatten. Sie verließen es und gingen durch den Dockingtunnel zur Ikarus. Sie wussten, was sie zu tun hatten.

 

Auf der Brücke der Ikarus angekommen, forderte Madwag seine Brückenoffiziere auf: „Statusbericht!“ Cozzmo erwiderte: „Die Primärsysteme laufen wieder. Schilde zwar nur auf 60 Prozent, aber Antrieb und Kommunikation sind wieder einsatzfähig. Alle Lebenserhaltungssysteme sind stabil.“ Madwag grinste in sich hinein. Das waren seine Leute. Seine Korpsmitglieder. Loyal, hart, pflichtbewusst und extrem gut im Bewältigen von Problemen. Sie waren die Besten, die er sich nur wünschen konnte, und zwar alle von ihnen. Er war stolz auf sie.

 

Madwag nickte ius zu. „Steuerung: Ikarus langsam zurücksetzen!“, befahl ius. Im selben Moment, in dem die Ikarus sich von dem fremden Schiff zu entfernen begann, erlosch der aus hexagonalen Feldern bestehende Energieschirm.

 

Ikarus, hört Ihr uns?“, knisterte es in den Lautsprechern. „Ikarus ist wieder online und bereit. Schön von euch zu hören!“, gab ius an den Rest des Forschungskorps zurück, das mit dem Verschwinden des Energieschirmes seine Schiffssysteme wieder vollständig hochfahren konnte. „Ihr werdet nicht glauben, was uns geschehen ist! Und wir leben... alle!“, fügte Sarev hinzu.

 

Dazu jedoch später“, erwiderte ius und fuhr fort, „Geleitschiffe, Waffen aktivieren. Forschungsschiffe, Reaktoren hochfahren. Bergungsschiffe, alle Systeme auf volle Leistung fahren. Dreifache Reihenformation bilden. Geleit voran, Forschungsschiffe dahinter, Bergungsschiffe zur Hälfte in die letzte Reihe. Die übrigen Bergungsschiffe gehen auf Sicherheitsabstand zu den restlichen Schiffen. Die in Reihenformation befindlichen Schiffe: Vorbereiten auf nichtfeindlichen Einschlag. Von dem fremden Schiff geht keine Gefahr aus.“

 

Die Schiffe gingen vor dem fremden Schiff dort in Position, wo der Energiekern vermutet wurde. Keiner stellte Fragen. Sie kannten und vertrauten einander.

 

Ius schaute zu Sarev, beide schließlich zu Madwag. Korpsleiter Madwag nickte zustimmend und gab den Befehl an alle Korpsschiffe: „Auf mein Kommando setzen alle Schiffe sämtliche Systeme auf 120 Prozent des Energieoutputs. Zeigt, was Ihr drauf habt!!!“ Madwag hielt kurz inne und setzte dann fort: „Der Countdown beginnt.... 3... 2... 1... Jetzt!!!“

 

Als die Schiffsflotte des Auriga-Forschungskorps ihre Maschinen hochfuhr und alle Systeme auf maximalen Leistungsoutput setzte, erwachte das fremde Schiff vollständig. Ein Feuerwerk an Lichtern begann um das fremde Schiff und auf ihm zu brennen, es war, als ob der Raum selbst zu flüssiger Lava wurde. Ein gewaltiger titanischer Lichtblitz schoss auf die in Formation stehenden Auriga Schiffe zu und verästelte sich kurz vor seinem Aufprall. Er begann zwischen den Auriga Schiffen hin und her zu springen. Systeme versagten, Schilde brachen zusammen, Waffensysteme deaktivierten sich, Antriebsenergien erloschen innerhalb von Sekunden. Ein phänomenaler Energieblitz verließ schließlich die Auriga-Flotte und sprang auf das fremde Schiff über. In einer gewaltigen Explosion zündeten die Antriebe des fremden Schiffes. Eine massive Druckwelle erreichte die Auriga-Flotte und ließ sie beben wie Grashalme in einem Sturm. Blaues gleißendes Licht schoss aus dem hinteren Teil des fremden Schiffes, überall zündeten weitere blaue gleißende Lichtquellen. Es war als sei das Korps Auriga Zeuge einer Supernova geworden. Das fremde Schiff begann sich langsam in Bewegung zu setzen. Es war so hell erleuchtet, dass es kaum länger als ein paar Sekunden anzuschauen war. Und dennoch stand das versammelte Aurigakorps in ihren Schiffen an den Fenstern und blickte gebannt auf diese so mächtige und fremdartige Technologie, dieses Wesen, dass es nicht verstand. Ein Unikat, eine uralte Spezies von intelligenten und lebendigen Maschinenwesen. Majestätisch und furchterregend zugleich. Ein mächtiger und durchdringender dunkler Ton erklang, der selbst den leeren Raum zum Beben zu bringen schien.

 

Korpsleiter!“, schrie Cozzmo, „Eine Singularität öffnet sich! Dort, vor dem fremden Schiff!“ Sie deutete auf den vorderen Teil des Schiffes. Der Raum begann sich vor dem fremden Schiff zu verzerren und zu krümmen, als ob ein schwarzes Loch selbst entstehen würde! Das fremde Wesen verzerrte sich, es schien sich ein letztes Mal aufzubäumen, zu verabschieden, zu danken und mit einem ohrenbetäubenden dumpfen Knall verschwand es. Der Raum schloss sich und es trat Stille ein.

Keiner sagte etwas, es gab auch nichts mehr zu sagen. Denn das, was das Auriga Forschungskorps soeben erlebt hatte, war etwas, dass kaum jemand verstehen würde, der nicht mit ihnen geflogen war, der nicht mit ihnen gekämpft und gelitten hatte und trotz allem mit ihnen wieder lebend nach Hause zurückgekehrt war.

 

Madwag, Sarev, ius und alle anderen des Auriga Forschungskorps standen noch eine Weile still am Fenster.

 

Dann nahm die im Sicherheitsabstand gehaltene Bergungsgruppe ihre gewohnte Arbeit auf. Sie reparierte die Schiffe, lud Antriebskerne auf, sie stellte Hilfe jedweder Art zur Verfügung. Ganz routiniert. Das war ihre Aufgabe.

 

Es würde sich zeigen, was für Informationen der Kristall ans Licht bringen würde. Über fremde Spezies, über neue Welten, die es zu erkunden gäbe, vielleicht auch über andere Universen oder Feinde, die es besser zu kennen galt...

 

Auriga wird es herausfinden.

 

Das ist das Leben von Auriga. Ein stolzes Team von Forschern, dafür geboren, die Fragen des bekannten und unbekannten Universums zu lüften. Sie stehen zusammen. Immer und jederzeit.

 

Ende

Autor:  ius  Logo:  Cozzmo, ius

Ansprechpartner in der Readaktion für den Bereich Fan-Fiction:  Malu23