Interner Bericht der Advokatur zu Freya

ADVOKATUR - SEKTION FÜR INFORMATION UND GEFAHRENABWEHR

Kriminelle Vereinigung „Freya“ - Risikoanalyse

23. März 2947

 

Vorweg ein Spectrumsbericht der Chronos-Times, Autor: Luisa Carreras. Luisa Carreras wurde drei Tage nach Ausstrahlung des Berichtes tot aufgefunden. Die Untersuchungen dauern an.


Eilmeldung


Wir unterbrechen Ihr Spectrumprogramm für eine Eilmeldung. Wie wir gerade erfahren haben, sind soeben die Wrackteile der seit Monaten im Kellog-System verschollenen Aegis Vanguard Hopelite des UEE-Sonderermittlers Paul Macintosh entdeckt worden. Das Wrack befand sich in einem erbärmlichen Zustand. Es konnten keine sterblichen Überreste der Crew geborgen werden. Das investigative Team der Chronos-Times hat exklusiven Zugang zu den Ermittlungen erhalten. So liegt uns der Untersuchungsbericht der Wrackteile vor, nach dem das Schiff von mehreren Anti-Capital-Railgungeschossen und einem Torpedo der Desolator-Klasse getroffen wurde. Da diese großkalibrigen Waffen funktionsfähige Schiffe der Größe einer Aegis Vanguard unmöglich treffen können, wird davon ausgegangen, dass das Schiff zuvor handlungsunfähig gemacht, anschließend geentert und später zerstört worden ist. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse weisen auf einen persönlichen Racheakt hin. Die zur Zerstörung des Schiffs verwendete Munition wird ausschließlich von Spezialeinheiten der UEE verwendet. Es bleibt ein Rätsel, wie diese in die Hände von Verbrechern geraten konnte. Unsere Experten für Weltraumkriminalität gehen davon aus, dass diese ausschließlich verwendet wurde, um ein Zeichen zu setzen. Die Ermittler der technischen Spurensicherung konnten trotz der massiven Zerstörung des Schiffs eine Datenkapsel sicherstellen, die im Augenblick im kriminaltechnischen Labor auf Justicestar, Kellog ausgewertet wird. Unsere Quelle, die nicht genannt werden möchte, bestätigte uns aber bereits Vermutungen der Ermittler, dass eine kriminelle Vereinigung namens Freya diesen Anschlag ausgeübt haben könnte.

Luisa Carreras, Chronos-Times

Auszug aus der Datenkapsel

Bericht des UEE-Sonderermittlers Paul Macintosh. 07. März 2947

Das UEE-Flottenkommando Justicestar, Kellog hat Unterstützung bei der Untersuchung der Aktivitäten einer Gruppierung namens „Freya“ angefordert. Dem Anschein nach handelt es sich um eine kriminelle Organisation. Die sogenannten „Freyaner“ bezeichnen sich öffentlich als „friedfertig und der Nächstenliebe verpflichtet“. In Wirklichkeit scheint diese plumpe pseudophilosophische Selbstdarstellung dem Zwecke der Ablenkung von den tatsächlichen Tätigkeiten zu dienen. Laut anderen Untersuchungsbefunden geben sich die Freyaner gar keine Mühe, ihre Aktivitäten zu verschleiern, sondern verwenden den Namen aus ironischen Gründen, um ihre Verachtung aller religiösen und gesellschaftlichen Werte zu unterstreichen. Trotz aller Vorwürfe konnten in keinem der bekannten Fälle Beweise erbracht werden, die stichhaltig genug für juristische Schritte gewesen wären. Das Verschwinden der Korvette UEE Lightbringer, die einen Zeugen eines Überfalls in der Nähe des Kellog-Odin-Sprungpunktes nach Justicestar überführen sollte, war der Anlass für die Anfrage nach Unterstützung durch einen Sonderermittler.

Bisheriger Kenntnisstand aus dem UEE-Archiv

Die Namensgebung der Gruppe erfolgte unseren Erkenntnissen nach rein zufällig. 2941 kam es bei einem Gefangenentransport von Kleinkriminellen zum Arbeitseinsatz auf der Antimaterie-Anlage von Quarterdeck zu einem Unfall, bei dem sämtliche Gefangenen ums Leben kamen. Die zum Transport verwendete Genesis Starliner war hoffnungslos überladen und unzureichend gewartet. Das Schiff gehörte dem Kleinunternehmer Xu LiFang, der daraufhin in ganz Kellog verhasst war. 2942 wurde Xu LiFang von Unbekannten entführt. Erst nach zwei Jahren wurde er dann von Forschern auf Xis aufgegriffen. Die Entführer hatten ihn dort ausgesetzt.

Die UEE legte nach der Entdeckung Xu LiFangs eine Untersuchungsakte über die Entführung mit dem Codewort Freya an. Kurze Zeit später sprach man in Kellog von „Freyanern“. Dass sich das Codewort so schnell in ganz Kellog verbreitete, wird als Indiz dafür gewertet, dass es sich schon damals um eine sehr gut vernetzte Gruppe gehandelt haben muss, die die UEE mit Informanten unterlaufen hatte. Es verbreitete sich das Gerücht, dass Xu Lifang ohne Vorräte in einem rosa Balletkostüm von den Freyanern auf Xis ausgesetzt worden sei. Kurze Zeit später (also mehr als zwei Jahre nach der Tat) meldete sich ein Augenzeuge, der behauptete, die Entführung Xu LiFangs beobachtet zu haben. Seiner Aussage nach trugen die Täter rosa Skimasken. Sowohl das Gerücht mit dem Balletkostüm als auch die Entführung in rosa Skimasken erwiesen sich bei Nachforschungen als nicht haltbar. Der Versuch des Pressesprechers, die Gerüchte zu beseitigen, indem er beide Punkte vehement abstritt, erzielte den gegenteiligen Effekt und trug noch weiter zu dessen Verbreitung in Kellog bei.

Über die Flottenstärke von Freya kann nur spekuliert werden. Es gab einen nennenswerten Zwischenfall am 1. März 2944. Es wurden zeitgleich Überfälle in der Nähe von Kellog I, Kellog III, Xis und dem Kellog-Vector-Sprungpunkt gemeldet. In allen vier Fällen wurden schwer bewachte Handelskonvois angegriffen. Nur in einem der vier Fälle konnten Untersuchungen beweisen, dass gar kein Überfall stattgefunden hatte. Die Händler wollten als Trittbrettfahrer der anderen Überfälle Versicherungsbetrug im großen Ausmaß versuchen. 

Mögliche Verbindung zur Organisation „Das Kartell“

Es liegen aktuell keine eindeutigen Beweise einer Verbindung zwischen dem Kartell und den Freyanern vor. Indizien deuten jedoch auf eine enge Verbindung hin. 2946 wurde die Kommunikation der Freyaner vom UEE-Einsatzkommando der OB-Station Pegasus überwacht. Die Auswertung ergab, dass die Freyaner überzufällig häufig mit bekannten Mitgliedern der Organisation „Das Kartell“ in Kontakt traten. Aufgrund der Tragweite dieser Beobachtung wurde ein verdeckter Ermittler in die Gruppierung eingeschleust. Er heuerte auf einer MISC Hull C eines Freyaners als Matrose an. Seinem Bericht nach traf sich das Schiff mehrfach täglich mit Schiffen, die den Kellog-Odin-Sprungpunkt passierten, und tauschte mit diesen mitten im Weltraum Waren aus. Da keine Waren untersucht werden konnten, konnte keine illegale Aktivität nachgewiesen werden. Es ist uns gelungen, einen Großteil der Besitzer dieser Handelsschiffe als Mitglieder der Organisation „Das Kartell“ zu identifizieren. Kurz nachdem uns diese Nachricht erreichte, brach der Kontakt zu unserem verdeckten Ermittler ab. Er gilt seitdem als vermisst. Die Aktivitäten des Kartells wurden jedoch schon häufig in Zusammenhang mit illegalen Geschäften gebracht. Statistiken zeigen, dass Schiffe des Kartells im Einflussbereich der Freyaner signifikant seltener angegriffen werden als Schiffe aller anderen Organisationen. Auch ist kein einziger Fall bekannt, in dem Kopfgeldjäger des Kartells kriminelle Freyaner der Justiz überführt hätten. UEE-intern wird daher die Meinung vertreten, dass das Kartell die Freyaner als eine ihrer zahlreichen kriminellen Untergruppen gegründet hat und deren Aktivitäten kontrolliert.

Bitte lesen Sie auch unseren internen Bericht zur Organisation „Das Kartell“.

Struktur der Gruppierung

In Zuge unserer Ermittlungen ist ein Name immer wieder aufgetaucht: „Kanpai“. Wir vermuten, dass diese Person die Führung von Freya innehat. Wer sich hinter diesem Namen verbirgt, kann nicht mit hun­dert­pro­zen­tiger Sicherheit gesagt werden. Die Ermittlungen beruhen alle auf einer Quantencomputeranalyse mit Hilfe von Crimesoft (einer Software, die mittels der Simulation neuronaler Netze die Gedankengänge von Kriminellen simuliert und mit hoher Genauigkeit vorhersagt). Als Ausgangsparameter diente die Arbeitshypothese, dass „Kanpai“ Inhaftierungszeit auf Quarterdeck verbracht haben muss, da seine Kontakte zur Unterwelt ansonsten nicht zu erklären sind. Mittels Crimesoft wurden die psychologischen Profile aller jemals auf Quarterdeck inhaftierten Personen mit dem von unseren Profilern erstellen Parametern abgeglichen. Aufgrund der Ergebnisse der Crimesoft-Analyse ermitteln wir mit der Arbeitshypothese, dass es sich bei „Kanpai“ zu 90 % um einen Kriminellen namens „Kevin Perez“ handelt. Perez wurde schon in jungen Jahren wegen des Anbaus und der Verbreitung von Drogen verurteilt und verbrachte zehn Jahre im Arbeitslager auf Quarterdeck. Durch den Kontakt zu Mitgefangenen hatte er die Gelegenheit, Verbindungen zu allen nennenswerten Syndikaten in Kellog zu schließen. Während Perez‘ Aufenthalts auf Kellog waren dort auch einige Mitglieder der Organisation „Das Kartell“ inhaftiert. Wie genau Perez zum Anführer der Freyaner wurde, ist nicht bekannt. Perez‘ Inhaftierungsakten berichten von etlichen gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Mithäftlingen. Ein Vorfall ist besonders erwähnenswert: Ein Missionar, der auf Quarterdeck als Therapeut Gefangene betreute, wurde, kurz nachdem er eine Gesprächstherapie mit Perez begonnen hatte, erstochen aufgefunden. Die pazifistische Grundeinstellung des Missionars und sein tiefes Vertrauen in das Gute in jedem Menschen könnte bei Perez aggressive Impulse ausgelöst haben, da dieser „Gutmenschen“ offen verabscheute und nichts als Hohn für sie übrighatte. Der Mord konnte Perez nicht nachgewiesen werden. Die psychologischen Tests diagnostizierten Symptome einer dissozialen Persönlichkeitsstörung:

1. eine klare Ablehnung und Missachtung sämtlicher sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen
2. geringe Frustrationstoleranz, Neigung zu aggressivem und gewalttätigem Verhalten
3. fehlendes Schuldbewusstsein

Crimesoft-Vorhersage

Crimesoft kann mit einem Vertrauensintervall von 80 % vorhersagen, dass Freya
1. die Anzahl und Intensität der illegalen Tätigkeiten steigern wird,
2. seinen Einflussbereich in naher Zukunft in ein anderes System verlagern wird,
3. einen Stützpunk auf einem Planeten errichten wird.

Schlussfolgerung und Empfehlung

Freya stellt momentan noch keine Bedrohung für die UEE als Ganzes dar, ist aber lokal als eine der gefährlichsten und skrupellosesten kriminellen Vereinigungen einzuschätzen. Die dringende Empfehlung ist daher, diese in die Kategorie Rot einzustufen und alle Anstrengungen zu unternehmen, um mehr über Freya zu erfahren und Beweismittel zu sammeln, insbesondere für die von uns vermutete Verbindung zum Kartell. Von einer Einschleusung eines weiteren verdeckten Ermittlers ist so lange abzusehen, bis wir Gewissheit über das Schicksal unseres verschollenen Agenten haben. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass dieser enttarnt und liquidiert worden ist.

Es gilt höchste Geheimhaltungsstufe, da davon ausgegangen werden muss, dass das Kartell (und damit auch Freya) bereits über Kontakte in höheren Positionen der UEE und der Advokatur verfügt. Des Weiteren sollte dringend eine Untersuchung gegen das lokale Polizeipräsidium des Kellog-Systems angestrengt werden, um herauszufinden, wie sensible Informationen über den Überfall auf Sonderermittler Paul Macintosh an die Chronos-Times geleaked werden konnten.

Nähere Absprachen zum weiteren Vorgehen sollten mit Admiral Bowen von der Sektion Information und Gefahrenabwehr getroffen werden.

Autor:  Kanpai   Korrekturlesung:  Malu23

Ansprechpartner in der Redaktion für den Bereich Fan-Fiction:  Malu23